Kalk, Leim oder Latex? - Diese Farben gehören an die Wand

Schwalbach (dpa/tmn) - Farbenkauf im Baumarkt ist kein Spaß. Alle Eimer sehen gleich aus, ihr Inhalt an der Wand auch - zunächst. Denn nicht jede Farbe hält der Feuchtigkeit in Bad und Küche oder einem Regenschauer im Freien Stand.

Alles in Weiß oder Rot fürs Wohnzimmer und ein kühles Blau im Schlafzimmer: Wie die eigenen Räume gestrichen werden, ist Geschmackssache. Womit gestrichen wird, dagegen nicht. Kunden müssen bei der Wahl der Farbe daher prüfen: Deckt sie gut? Hält sie lange? Und was, wenn mein Kind mit der Zunge die Wand ableckt?

„Gut sind alle Produkte mit dem Blauen Engel“, sagt Ludger Küper vom Paint Quality Institute in Schwalbach im Taunus. Dieses Prüfzeichen deklariert umweltfreundliche Produkte, die keine gefährlichen Inhaltsstoffe haben. Tabu sind für Küper nur lösemittelhaltige Lacke. Er rät deshalb, nur Farben auf Acrylbasis zu verwenden. „Sonst warten Sie ja Wochen, bis der Geruch raus ist.“

Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren (VPB) in Berlin rät zu mehr Vorsicht: „Man kann bei Farben gar nicht genau sagen, was unbedenklich ist.“ Sie hält auch Umweltzeichen für keinen Garant für die Verträglichkeit. Sie rät, stattdessen darauf zu achten, dass die Inhaltsstoffe vollständig angegeben sind. Allergiker und Asthmatiker sollten mit einem Arzt sprechen.

In Baumärkten türmen sich die Eimer mit Farben. Meist handelt es sich um Dispersionsfarben. Das sind zähflüssige Anstriche aus einer Emulsion von Binde- und Lösungsmitteln mit Pigmenten und diversen Zusatzstoffen. Farbig werden diese durch sogenannte Volltöne, die dazugegeben werden. Laut dem Umweltbundesamt (UBA) in Dessau-Roßlau sind Dispersionsfarben gut für stark beanspruchte Flächen.

Latexfarben haben einen höheren Anteil an Kunstharzen, weshalb sie sich für feuchte Bereiche im Haus wie das Bad oder den Keller sowie für Außenflächen eignen, erläutert das UBA. Den Angaben zufolge sind sie wasserdampfdurchlässig sowie besonders scheuerbeständig und unempfindlich gegenüber herkömmlichen Reinigungsmitteln.

Ein weiteres Produktsegment sind Naturfarben, die meist mit Wasser angerührt werden müssen. Auch hierfür gibt es Abtönpulver in allen Nuancen. Die Zutaten sind natürliche Erden, Ultramarine, Pigmente und gemahlenes Metallpulver. Naturfarben enthalten nur natürliche Lösemittel wie Zitrusschalenöl. Hier gibt es vier verschiedene Produktgruppen: Harz-, Kalk-, Lehm- und Kaseinfarben.

Produkte mit Kasein haben meist eine Basis aus Sojamilch. Sie werden traditionell bevorzugt auf Lehmwänden beziehungsweise -putz verstrichen. Grundsätzlich gilt wie für alle Wandfarben auch hier, dass es sinnvoll ist, die Farbe dem Untergrund anzupassen. Für einen Kalk-Zement-Putz ist eine Kalkfarbe ideal. Die klassische Raufasertapete hingegen lässt sich mit allen Farbtypen überstreichen.

Harzfarben enthalten als Bindemittel Naturharze wie Kolophonium oder Schellack und als organische Lösemittel Balsamterpentinöl oder Citrusschalenöle. Wie Kunstharzlacke sind diese Farben eher für dauerhafte Anstriche auf Holz oder Metall geeignet, bei den Wandfarben spielen sie nur eine untergeordnete Rolle.

Leimfarben aus Kreide und Leimen brauchen keine organischen Löse- und Konservierungsmittel, erläutert das UBA. Aber sie können von Wand und Decke wieder abgewaschen werden - und sind daher nichts für Flächen im Freien, wo es an die Wand regnen kann. Auch Kalkfarben sind nicht wischfest - und daher laut der Behörde am besten für den Keller geeignet. Silikatfarben seien hingegen sehr strapazierfähig.

Grundsätzlich rät der Farbexperte Küper, in stark beanspruchten Räumen wie Küche, Flur und Kinderzimmer eine Farbe mit mindestens Deckkraft der Klasse 2 zu nehmen. „Diese Farben sind deutlich robuster und scheuerfest.“ So können Flecken mit einem rauen Schwamm entfernt werden.

Im Bad oder der Küche sollte die Farbe zusätzliche Stoffe enthalten, die Schimmel vermeiden. Und in Kinderzimmern sollten die Produkte Speichel und Schweiß standhalten, so Küper. Solche Farben können ein grünes Logo mit Bauklötzen tragen und den Hinweis, dass sie der DIN EN 71-3 entsprechen.

Was eine hochwertige Farbe ist, lasse sich auf den ersten Blick ebenfalls nur schwer beurteilen, urteilte die Stiftung Warentest nach einem Test mit weißen Wandfarben (Zeitschrift „test“, Ausgabe 05/2012). So gebe es häufig auch ein- und dieselbe Farbe unter verschiedenen Namen - und mit unterschiedlichen Preisen. Die Qualität der Deckkraft variierte in dem Test stark: Auch preiswerte Farben erzielten durchaus gute Ergebnisse.