Comeback einer vergessenen Pflanze - Das Schleierkraut

Berlin (dpa/tmn) - Das Schleierkraut war schon im vorigen Jahrhundert populär - wurde dann aber von den Gärtnern vergessen. Nun erlebt die Pflanze mit weißen oder rosafarbenen zarten Blüten eine Renaissance.

Das weiße oder zartrosa blühende Schleierkraut kommt in die Gärten zurück. Die Staude bringt Leichtigkeit ins Beet und kann in Steingärten und auf Mauerkronen gepflanzt werden. Wer gerade vor einer Hochzeit steht, kann das Schleierkraut für Dekorationen verwenden. Das hat Tradition, weil die weißen Blüten gut zum Brautschleier passen. Symbolisch steht das Schleierkraut für Hingabe. Die auch rispiges Gipskraut genannte Pflanze gehört zur Familie der Nelkengewächse und wird als Zierpflanze kultiviert.

„Es gibt bei uns zwei gängige Arten von Schleierkraut“, erläutert Hasko Bartels, Zierpflanzenberater bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen in Oldenburg. Das aufrecht wachsende Hohe Schleierkraut (Gypsophila paniculata) wächst ursprünglich in den kanadischen Rocky Mountains. Es erreicht dort eine Höhe bis zu 1,20 Meter und wurde von den Farmern einst als Unkraut angesehen und bekämpft. In den Gärten hierzulande wird es etwa einen Meter hoch und hat zahlreiche kleine weiße oder rosafarbene Blüten in einem Rispenbusch. Gypsophila repens ist als das kriechende Schleierkraut oder Teppich-Schleierkraut bekannt. Es ist etwa in den Alpen und den Pyrenäen zu Hause.

Beide Arten lassen sich im Garten gut kultivieren. „Je nachdem, ob man Gypsophila repens oder Gypsophila paniculata im Garten anpflanzen möchte, muss man nach völlig unterschiedlichen Standorten suchen“, sagt Hans Götz vom Bund Deutscher Staudengärtner in Bonn. Das kriechende Schleierkraut mag gerne Steinfugen und Mauerkronen. Es eignet sich auch als Bodendecker.

Gypsophila paniculata kann gut im Beet als Begleitpflanze zu anderen Stauden stehen. „Das Schleierkraut liebt trockene, leichte, sandige Böden und fühlt sich auch auf sandigem, steinigem Untergrund wohl“, erläutert Götz. „Grundvoraussetzung für gutes Gedeihen der Pflanze ist ein trockener Standort in voller Sonne. Es versagt völlig auf feuchten Böden.“ Das Schleierkraut wächst nämlich auch in Sandsteppen und auf sandigen Hügeln. Verwildert kommt es auf Sandtrockenrasen, Schutt und entlang von Bahn- und Uferdämmen vor.

„Gypsophila paniculata ist eine Staude, die sich ausbreitet“, erläutert Gottfried Röll von der Bayerischen Gartenakademie in Veitshöchheim. „Man kauft in der Regel eine Topfpflanze.“ Vor dem Einpflanzen ins Beet rät der Experte, den Untergrund zu lockern. „Der Bodenschluss muss gewährleistet sein“, betont der Gartenexperte. „Die Pflanze muss guten Kontakt zur Erde haben.“ Auch sollte der Hobbygärtner bedenken, dass die Pflanze Platz braucht. Sie kann sich sowohl in die Höhe als auch in die Breite kräftig ausdehnen.

„Zwar benötigt Gypsophila paniculata Wasser, aber davon nicht besonders viel“, sagt Röll. Normalerweise reiche die natürliche Regenmenge aus. „Das ist das Schöne an den Stauden, sie müssen nicht dauernd gegossen werden und sind daher sehr viel pflegeleichter als die üblichen Wechselbepflanzungen für Beet und Balkon mit Tagetes und Geranien.“ Auch für das kriechende Schleierkraut gilt: Am besten kaum gießen oder pflegen.

„Wichtig ist, dass man keinen Torf oder organische Substanzen in das Beet gibt, in dem Schleierkraut angepflanzt ist“, betont Bartels. Auch Kompost schadet der Pflanze, denn die Gypsophila paniculata liebt nährstoffarme Böden. Dazu sollte man auf einen windgeschützten Standort achten, der sogar im Winter möglichst trocken ist.

Bartels empfiehlt für den heimischen Garten die gefüllte schneeweiße Schleierkrautsorte 'Bristol Fairy'. „Das ist die Sorte, die am weitesten verbreitet ist“, sagt der Experte. 'Bristol Fairy' blüht Ende Juni bis Mitte September und wirkt wie eine weiße Wolke im Beet. Am besten schneiden Gärtner das Schleierkraut zurück, wenn die erste Blüte nachlässt. Dann kommt es noch mal zurück.

Besonders schön zu dieser Sorte sehen Glockenblumen aus. Sie lassen das Schleierkraut noch filigraner wirken. „Aber auch Salbei kann man im Beet gut mit Schleierkraut kombinieren“, sagt Bartels. Am besten wirken seiner Meinung nach außerdem kräftige Farben neben der Staude. Er selbst schwört vor allem auf Blautöne: „Iris, Rittersporn und Eisenhut, aber auch der gelbe Sonnenhut — das sind meine Favoriten für die Kombination mit Schleierkraut im Beet.“

Als Schnittblumen in der Vase mixen Floristen gerne das Schleierkraut mit feinem Zierspargel (Asparagus). Rosen werden in ihrer Wirkung durch Schleierkraut noch unterstützt. Aber auch allein als weißer Strauß macht die wiederentdeckte Schönheit derzeit Karriere auf Hochzeiten - und wird als Dekoration grundsätzlich immer beliebter. „Das Schleierkraut hat sein Stiefmütterchen-Dasein beendet und mausert sich vom unscheinbaren weißen Blümchen zum Hingucker für jeden Tischschmuck“, sagt Gottfried Röll.