Der vertikale Garten - Wände mit Pflanzen schmücken
Berlin (dpa/tmn) - Vertikale Gärten sind ein echter Hingucker. Auf Messen zum Beispiel zieren sie teils ganze Wände. Für den Wohnraum gibt es Alternativen in kleinen Größen, die der Hobbygärtner selbst pflegen kann.
Wir sind es gewohnt, Pflanzen in der horizontalen Ebene zu sehen - auf dem Beet und Rasen, dem Balkon, der Fensterbank, vielleicht noch auf einem Regal. Aber es geht auch anders, nämlich vertikal. Der neue Trend besteht aber darin, Wände so zu gestalten, dass sie den Wurzeln von buschig wachsenden Pflanzen von oben bis unten Halt liefern. Pflanzen werden zum Wandbild. Oder ganze Hausfassaden bekommen eine kuschelig-weiche Oberfläche.
„Die grünen Wände wurden von Patrick Blanc erfunden“, berichtet der Buchautor Jean-Michel Groult. Blanc, ein französischer Botaniker und Gartenkünstler, ließ sich von den immer feuchten Felswänden in den tropischen Regionen Südostasiens inspirieren: Sie sind dicht bewachsen. „Aber man entdeckt auch in sehr kalten Regionen natürliche grüne Wände“, erläutert Groult. Der Stein ist porös und Wasser tröpfelt über die Oberfläche.
Diese Bedingungen kann man sowohl auf Außen- als auch auf Innenwände übertragen. „Je größer das Projekt ist, desto wichtiger ist es, sich an professionelle Raumbegrüner zu wenden“, sagt die Gartenbauwissenschaftlerin Christine Volm aus Sindelfingen. Die Pflanzen müssen Halt finden und die Wände die Last tragen können - ein Faktor, der laut Volm fachlich beurteilt werden muss.
Für den privaten Bereich empfiehlt sie, bepflanzte Installationen in der Größe von Bildern an die Wand zu hängen. „Das ist viel attraktiver als ein Verdunster an der Heizung“, sagt Volm. Die grünen Wände erhöhen die Luftfeuchtigkeit im Wohnraum. „Gleichzeitig werden unangenehme Gerüche und Staub absorbiert“, erläutert die Buchautorin. Darüber hinaus schluckt die weiche Oberfläche Schall.
Für den Außenbereich sei wichtig, dass die Wurzeln Frost vertragen, sagt der französische Buchautor Groult. „Eine Mauer mit Ausrichtung nach Norden ist häufig die beste Platzierung“, erläutert Groult. Grundsätzlich seien kalte Winde im Winter und starke Sonneneinstrahlung in den Sommermonaten problematisch.
„Bewährt haben sich für den Außenbereich vor allem Stauden wie Purpurglöckchen (Heuchera), Fetthenne (Sedum) und Günsel (Ajuga)“, erläutert Groult. Auch alle Arten von Steinbrechgewächsen sowie höhere Blütenstauden eignen sich - zum Beispiel die rotblühende Spornblume (Centranthus), die im Mittelmeerraum auch in Felsmauern und -wänden gedeiht. Unter den Gräsern verwenden Gärtner Kalmus (Acorus) und Seggen (Carex). Mitunter entdeckt man in den Wänden auch Bergenien (Bergenia) und Polsterglockenblumen (Campanula).
„Im Innenbereich sind es ganz andere Aspekte, die eine Rolle spielen“, sagt der Buchautor Groult. Die Lichtmenge ist abhängig davon, in welche Himmelsrichtung die Fenster zeigen. Aber auch die Art des Fensterglases spielt laut Volm eine Rolle sowie der Standort der Pflanzen im Raum. „Zum Glück gibt es viele Pflanzen, die eine Vorliebe für helle bis halbschattige Plätze haben“, sagt Groult. Hierfür empfiehlt er die Dreimasterblume (Tradescantia), Pfeilwurz (Maranta), Rutenkaktus (Rhipsalis) und Blumenmarante (Stromanthe). Auch Farne eignen sich, laut Groult zum Beispiel der Schwertfarn (Nephrolepis) und Hasenfußfarn (Phlebodium).
Der Pflegeaufwand ist abhängig von der Größe und Art des Systems. In der Regel werden die Pflanzen durch Wassergaben mit Flüssigdünger ernährt, was bei vielen Profi-Systemen automatisch erfolgt. „Die grünen Bilder sollte man nicht austrocknen lassen“, sagt Volm. Sonst müssen sie wuchernde Pflanzen in der Wachstumsphase gelegentlich zurückschneiden. „Bei einer großen Fläche kommt man allerdings nicht um eine professionelle Pflege herum.“
Literatur:
Jean-Michel Groult: Grüne Wände selbst gestalten: Vertikale Gärten für Ihr Zuhause, Ulmer, 191 Seiten, 11,80 Euro, ISBN-13: 978-3-800167432