Keimzellen für die Lieblingsblumen - Samen sammeln

Kiel (dpa/tmn) - Hobbygärtner, die ihre schönsten Sommerblumen im kommenden Jahr wieder im Beet haben wollen, dürfen nicht einfach zuschauen, wie diese verwelken. Denn viele Zierpflanzen lassen sich vermehren.

Dafür braucht man ihre Samen.

Es ist meist nur ein kleines Samenkorn, das am Anfang eines Pflanzenlebens steht. Aber darin befindet sich alles, was die Pflanze für die erste Zeit, in der Wurzeln, Stängel und Blätter wachsen, benötigt. Für den Gärtner wird das Pflanzenreich dank der Samen zum Selbstbedienungsladen: Die Lieblingsblumen und das Gemüse kann man aus Samen immer wieder neu anziehen.

„Will man Samen selber ernten, muss man sie erwischen und darauf achten, dass sie reif sind“, sagt Martin Nickol, Kustos des Botanischen Gartens der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. „Gerade in diesem Jahr reifen die Samen ungleichmäßig.“ Schuld daran ist die kühle, feuchte Witterung im Frühsommer. Das bedeutet, der Hobbygärtner muss immer wieder zur Pflanze gehen und kann nur die Samen abnehmen, die reif sind.

Der Zustand der Reife ist laut Nickol erreicht, wenn die Pflanze die Samen freiwillig hergibt. Beim Mohn und bei der Akelei reißen die reifen Kapseln und schleudern die Körner heraus. „Man kann verhindern, dass die Samen direkt wieder auf den Boden fallen, indem man über die nahezu reifen Kapseln einen Teebeutel stülpt“, verrät der Experte einen Trick. Dieser wird unterhalb der Frucht mit Bast zugebunden und später mit dem welken Stängel abgeschnitten.

Die eigene Samenernte hat viele Vorteile. „Man weiß, was man hat“, sagt Ursula Reinhardt, Diplom-Biologin und Mitarbeiterin des Vereins zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN) in Fulda. Bei Samentütchen ist es nicht eindeutig, ob die Pflanzen für den Standort und den Boden geeignet sind. „Außerdem sind die Samen aus der eigenen Ernte mit Sicherheit ohne Gentechnik entstanden“, sagt Reinhardt.

Allerdings müssen die Pflanzen samen- und sortenfest sein. Das bedeutet, dass sich die Eigenschaften einer Pflanze tatsächlich vererben und so auch im Laufe von mehreren Generationen erhalten bleiben. Man sieht das dem Samenkorn nicht an, sondern muss die Pflanze kennen. Eine Sorte, die über viele Jahre in einer Region stabil über Samen vermehrt wurde, gilt als samenfest. „Wenn man Pflanzen aus gekauftem Saatgut angezogen hat, das den Vermerk F1-Hybride trägt, kann man sie nicht sinnvoll weitervermehren“, sagt Reinhardt.

Auch Gemüsesamen kann man selber ernten. Am leichtesten ist es mit Tomaten, Salat, Erbsen sowie Busch- und Stangenbohnen. „Das sind Selbstbefruchter“, erklärt die Biologin. Die meisten anderen sind Fremdbefruchter. „Man muss mindestens 100 Pflanzen gemeinsam abblühen lassen, um Inzucht zu verhindern.“

„Grundsätzlich sollten alle selbst geernteten Samen gereinigt werden“, sagt Klaus Knospe von der Gesellschaft der Staudenfreunde (GdS). Dafür werden die Samen von der Frucht getrennt. Bei der Tomate erkennt man dann eine glitschige Hülle um jedes Samenkorn. „Diese Gallerte enthält keimhemmende Substanzen, damit die Keimung nicht bereits im Fruchtfleisch beginnt“, erläutert Ursula Reinhardt. „Diese Gallerte muss abgebaut werden.“ Sie empfiehlt, die Samen mit Wasser und Zucker zu vergären. Die Gallerte trennt sich, sinkt ab und die Samen können an der Wasseroberfläche abgesammelt werden. Anschließend lässt man die Samen trocknen und kann sie bis zum Frühjahr lagern.

Bei anderen Samen müssen die groben Teile entfernen werden. Man sollte sie dann auf ein Papier rieseln lassen und leicht dagegen pusten, rät Knospe. Dabei sortieren sich auch taube, also nicht keimfähige Samen aus - sie sind leichter. Die Körner trocknen an einem luftigen und kühlen Ort. Tomatensamen bleiben bis zu acht Jahre keimfähig. Die von Möhren sind zum Beispiel nur ein bis zwei Jahre haltbar.