Nicht alles Grüne ist bio - Verwirrung um Naturkosmetik

Dortmund (dpa/tmn) — Naturkosmetik wird immer gefragter. Doch gleichzeitig wächst der Etikettenschwindel. Wer echte Naturprodukte von Mogelpackungen unterscheiden will, muss die Inhaltslisten studieren.

Natur ist in: In den Drogerien wimmelt es vor Produkten, die angeblich „bio“, „organisch“ oder „natürlich“ sind. Doch nicht überall, wo Bio draufsteht, ist auch Bio drin. „Viele Kosmetikmarken versuchen ihre Produkte grüner zu trimmen und damit auf den Zug aufzuspringen“, erläutert Elfriede Dambacher, die einen Branchenreport für Naturkosmetik herausgebracht hat.

Dieses Greenwashing der Hersteller führt Verbraucher in die Irre. Das Magazin „Ökotest“ (Spezialausgabe Juni 2013) hat Produkte ohne anerkannte Naturkosmetik-Siegel unter die Lupe genommen — mit dem Ergebnis: Der Etikettenschwindel sei gewaltig. Die Produkte suggerierten mit ihrer Verpackung Natürlichkeit oder täuschten mit „Bio“ oder „Natur“ im Namen. Oft stecke nämlich darin nur eine Minidosis Naturstoffe — der Rest seien chemische Substanzen wie künstliche Farb- und Konservierungsstoffe sowie Fette auf Erdölbasis.

Verboten ist das nicht, denn was als natürlich gilt, ist hierzulande nicht per Gesetz definiert. „Wenn ein Produkt kein Naturkosmetik-Siegel trägt, ist es ratsam, sich die Liste der Inhaltsstoffe anzusehen“, sagt Jenny Pohl vom Bundesverband deutscher Industrie- und Handelsunternehmen für Arzneimittel, Reformwaren, Nahrungsergänzungsmittel und Körperpflegemittel (BDIH).

Pohl rät, die Finger von Kosmetika mit Silikon oder Paraffin zu lassen. Und Polyethylenglykole (PEGs) machten die Haut sehr durchlässig. „Echte Naturkosmetik zeichnet sich dadurch aus, dass sämtliche Inhaltsstoffe auf pflanzlicher Basis hergestellt sind“, sagt Joachim Banzhaf, Leiter der Zertifizierungsstelle EcoControl. Konventionelle Kosmetik werde dagegen auf Mineralöl-Basis hergestellt.

Ganz ohne chemische Prozesse komme jedoch auch Naturkosmetik nicht aus: „Um Wasser, Öl und Fette in der Kosmetik zusammenzubringen, braucht es Emulgatoren“, erklärt Banzhaf. Doch diese dürften ausschließlich aus Pflanzenrohstoffen gewonnen werden. Zur Herstellung seien nur ausgewählte chemische Prozesse erlaubt, die sich so ebenfalls in der Natur abspielen.

Konservierungsstoffe machen die Kosmetik haltbar. „Auch diese sind in der Natur zu finden — teilweise allerdings nur in sehr kleinen Mengen wie die Ameisensäure“, erklärt Pohl. Da es technisch nicht machbar wäre, diese Substanzen in größerer Menge aus der Natur zu gewinnen, werden sie chemisch nachempfunden. Allerdings sind laut Banzhaf nur wenige naturidentische Konservierungsstoffe zugelassen.

Alternativ kann man auf Siegel wie das BDIH-Prüfzeichen für kontrollierte Naturkosmetik und NaTrue vertrauen. Diese Label bescheinigen, dass der jeweilige Standard für Naturkosmetika eingehalten wird. Das BDIH-Label gibt eine Liste von häufig verwendeten Stoffen vor, die in Bio-Qualität enthalten sein dürfen. Trägt das Produkt das Wort „Bio“ im Namen, sollten 95 Prozent der Stoffe aus kontrolliert biologischen Anbau stammen.

Beim NaTrue-Label gibt es ebenfalls Vorgaben für die verwendeten Naturstoffe. Wenn ein Hersteller ein Produkt nicht nur als „Naturkosmetik“ zertifizieren lassen will, sondern als „Naturkosmetik mit Bio-Anteil“, müssen mindestens 70 Prozent der Inhaltsstoffe aus kontrolliert biologischem Anbau stammen. Für die Bezeichnung „Biokosmetik“ sind es 95 Prozent. Da es aber neben dem NaTrue- und dem BDIH-Siegel auch noch Siegel von Demeter, Ecocert und vielen weiteren gibt, ist die Orientierung gar nicht so einfach. Hilfe kann hier etwa die Broschüre „Raus aus dem Label-Dschungel“ der Gesellschaft für angewandte Wirtschaftsethik (GfaW) bieten.