Reformhaus trifft Drogerie: Naturkosmetik wird massentauglich
Nürnberg/Stuttgart (dpa) - Von wegen Reformhaus oder Bioladen: Naturkosmetik zieht mittlerweile zunehmend in Drogeriemärkte und Kaufhäuser ein. Die müssen allerdings die Rückgänge anderer Vertriebskanäle ausgleichen.
Egal ob Rosencreme oder Sanddornöl: Was früher die Ecke im Reformhaus war, ist heute für viele Naturkosmetikfirmen die Schönheitsabteilung in der Drogerie. Zahlreiche Hersteller verkaufen ihre Produkte mittlerweile im Massenmarkt - und kurbeln damit auch ihren Umsatz an.
„Es ist nur folgerichtig, dass Naturkosmetik dort, wo auch sonst Kosmetik verkauft wird, angeboten wird“, sagt Branchenexpertin Elfriede Dambacher. „Verbraucher müssen nicht die Schwelle überwinden, erst in einen Bioladen zu gehen.“ Die Branche trifft sich in Nürnberg auf der Naturkosmetikmesse Vivaness (13. bis 16. Februar), die zur weltweit größten Öko-Messe Biofach gehört.
Mit einem Marktanteil von knapp 38 Prozent sind Drogeriemärkte mittlerweile Hauptverkaufsort für Ringelblumen-Salbe und Co, wie aus dem Naturkosmetik-Jahrbuch 2013 hervorgeht, das Dambacher veröffentlicht hat. Branchenprimus Weleda bestätigt den Trend: „Der größte Vertriebskanal sind die Drogeriemärkte“, sagt Sprecher Tobias Jakob.
Printanzeigen, Poster oder Kooperationen mit Werbepartnern - Weleda tut einiges dafür, um seine Produkte auf unkonventionelle Weise unters Volk zu bringen. Zuletzt verteilte das Unternehmen auch Pröbchen in einer großen Fitnessstudio-Kette.
„Naturkosmetik ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen“, heißt es auch im aktuellen Naturkosmetik-Jahrbuch. Ob Anti-Falten-Creme, Zahnpasta oder Haarshampoo: Mittlerweile gibt es im Portfolio von Öko-Kosmetik all das, was auch in den Regalen klassischer Hersteller zu finden ist. Flüssiger Eyeliner gehört dazu ebenso wie ein Konturenstift für die Lippen. Der Unterschied: der Verzicht auf synthetische Inhaltsstoffe.
Mit einem Gesamtumsatz von 860 Millionen Euro legte der deutsche Markt für Naturkosmetik - immerhin der größte in Europa - 2012 um 5,5 Prozent zu. Mittlerweile machen die Ausgaben für Naturkosmetik und solche, die zumindest nah dran ist, 14 Prozent des gesamten Schönheitsmarktes aus.
Wie Hersteller den Verkauf weiter ankurbeln können? Da sei Kreativität gefordert, sagt Dambacher. „Naturkosmetik muss auch Spaß machen, es darf nicht ausschließlich um die Ökologie gehen.“ „Wir haben zwar ein Wachstum in den Drogeriemärkten, aber die traditionellen Vertriebswege wie Reformhäuser und Bioläden gewinnen zu wenig neue Kunden“, gibt sie zu bedenken. Hinzu komme, dass immer mehr Reformhäuser dichtmachten.
Das Naturkosmetik-Unternehmen Annemarie Börlind aus dem Schwarzwald setzt unter anderem auf die Werbewirkung von Promis - und wirbt mit Schauspielerin Christiane Paul als Botschafterin für Feuchtigkeitscremes und Lotionen.
„Die Verbraucher sind jetzt auch stark in den Parfümerien und Kaufhäusern zu finden“, sagt Geschäftsführer Michael Lindner. Derzeit mache der Verkauf im Reformhaus für Börlind zwar noch 40 Prozent des Umsatzes aus, die Parfümerien lägen aber nur noch knapp darunter.
Die Wala Heilmittel GmbH, zu der die Marke Dr. Hauschka gehört, bestätigt die Entwicklung. Im Drogeriemarkt sei Dr. Hauschka zwar nicht zu finden, sagt Sprecher Antal Adam. In der Parfümerie lege man aber deutlich zu. „Wir wollen im Prinzip dort sein, wo unsere Kunden sind.“