Haus- und Gartentrends 2017 Schrebergarten? Lieber Stadtgarten!
Susanna, Peter und ihre siebenjährige Tochter Emma sind Pächter eines Kleingartens in Düsseldorf. Sie erzählen, was sie zu ihrem neuen Hobby brachte, was es für sie bedeutet und was das kostet.
„Ja klar war das ein komisches Gefühl, als wir in unserem Freundeskreis erzählten, dass wir jetzt einen Schrebergarten haben. Das hätten wir ja auch selbst nicht geglaubt, wenn uns das einer vor zehn Jahren gesagt hätte.“ Die Düsseldorfer Susanna (43) und ihr Mann Peter (44) fanden es am Anfang schon etwas peinlich, über ihr neues Hobby zu reden. Haftet dem Schrebergarten doch etwas Altbackenes, Spießiges an. „Man sollte das anders bezeichnen, wir nennen das ,Stadtgarten’“, sagt Susanna etwas trotzig. Dabei braucht sie sich ihre Zweifel gar nicht mehr selbst auszureden. Weil die Vorteile für sie überwiegen, die das kleine gepachtete Stück Land in Düsseldorf-Gerresheim mit sich bringt.
Allen voran, dass die siebenjährige Tochter Emma sieht, dass Gemüse und Obst nicht einfach nur im Supermarkt in den Regalen liegen, sondern dass sie erfährt, wie das alles wächst und was man dafür tun muss. Für Emma sei es ein großer Spaß, Regenwürmer auszubuddeln oder Freunde in den Garten einzuladen. „Und wir finden es toll, Neues zu lernen“, sagt Susanna, „mit Anleitungsbüchern, die wirklich für Doofe geschrieben sind und genaue Anweisungen geben, was in welchem Monat im Garten wie zu tun ist.“
Schließlich gibt es auch einen Experten im Vorstand des Kleingartenvereins, der sich mit Schädlingen auskennt. Der erklären kann, wie diesen ohne Chemie beizukommen ist und darüber in seiner Sprechstunde gern berät.
Dabei sind die beiden Gerresheimer Neu-Stadtgärtner nicht einmal blutige Anfänger. Hatten sie doch schon vor ihrer Schrebergartenzeit Erfahrungen mit einem verwandten Modell. Peter erzählt: „Über das Projekt ,Meine Ernte’ hatten wir für 180 Euro pro Jahr einen schmalen Streifen eines Feldes am Rhein gepachtet. Der Bauer hat gepflanzt — von Kartoffeln über Rote Beete, Salat bis zu Spinat. Unsere Aufgabe war es dann, das zu bewirtschaften, zu gießen, Unkraut zu jäten und schließlich zu ernten.“
Weil das aber am Ende doch eine Menge Arbeit war und sie immer per Auto zum Feld fahren mussten, sind die beiden nun froh, dass sie einen Kleingarten ganz in der Nähe ihres Hauses haben. „Drei Minuten zu Fuß, da gehe ich schon mal hin, nur um in der Sonne einen Kaffee zu trinken“, schwärmt Susanna. Den kann sie sich nämlich in dem kleinen Häuschen, das auf ihrem 300 Quadratmeter großen Garten steht — mit fließend Wasser, Toilette und Kühlschrank — schnell aufbrühen. Und dann von der Terrasse aus auf die eigenen Ländereien schauen. Ländereien, die freilich nie ganz fertig werden.
„Da war vor allem am Anfang viel zu tun“, sagt Susanna, „der Vorbesitzer hatte den Garten ganz schön zuwachsen lassen.“ Aber sie und ihr Mann sind froh, dass sie ihn im Oktober 2015 übernehmen konnten. Schließlich gab es eine lange Warteliste. Da kam ihnen Tochter Emma zugute, denn eine der Aufnahmebedingungen war: Familie mit Kind oder Kindern. Den Trumpf konnten sie ausspielen. Vor allem im zweiten Bewerbungsgespräch, denn neben dem Vor-Pächter muss man auch beim Vorstand des Kleingartenvereins „vorsingen“ und unter Beweis stellen, dass man in die Gemeinschaft passt.
„Es reicht nicht, dass man sich mit dem Vorpächter einig ist“, sagt Peter. Wie diese Einigung über den an den Vorpächter zu zahlenden Abstand für die übernommenen Anpflanzungen, das Haus und die Gartenwerkzeuge zustandekommt, schildert er so: „Da gibt es einen Kleingarten-Gutachter, der jede Pflanze in seinem sechsseitigen Gutachten taxiert hat. Da wird wirklich 2,80 Euro für dieses oder jenes Gewächs notiert.“
Und dann kam am Ende ein vierstelliger Betrag heraus. Hinzu kommt die an den Verein zu zahlende Pacht von einem Euro pro Quadratmeter pro Jahr zuzüglich Strom- und Wasserkosten. „Durch Verkauf von Obst und Gemüse können und wollen wir das nicht wieder herausholen, das geht gar nicht“, sagt Susanna. „Wenn der Rhabarber bei uns erntereif ist, ist er das ja auch woanders und man bekommt ihn preiswert im Geschäft oder auf dem Markt.“
Den beiden geht es um den Spaß, um die Entspannung. Und da müssen sie auch mal damit klarkommen, dass die Bemerkung des Kleingarten-Nachbarn „Sie haben aber ganz schön viel Löwenzahn“ nicht als Kompliment gemeint ist. Sondern als unausgesprochene Aufforderung, dem Unkraut den Garaus zu machen. „Ich finde Löwenzahn total schön“, hält Susanna dagegen, warum soll ich den ausreißen und mir dafür andere gelbe Blumen im Gartencenter kaufen?“
Vielleicht kann sie ja bald für ihre Idee werben. Statt zur Hauptversammlung des Vereins zu gehen, will sie anregen, dass die 21 Pächter ihres Vereins sich mal locker austauschen. „Mir schwebt da so eine ,Flying Garden Party’ vor, man geht von Garten zu Garten, und überall wird ein Gläschen getrunken.“ Und da kann man sich dann gegenseitig bestätigen, dass man ganz und gar nicht spießig ist, wie Außenstehende meinen mögen. Sondern modern. Und klingt es nicht auch schon viel besser als „Schrebergarten“ — das sogar auf der Internetseite des Bundesverbands Deutscher Gartenfreunde verwendete und aus dem Englischen entlehnte Wort vom „urban gardening“?