Recht: Wenn Streit das Erbe vernichtet

Gerade bei schwer teilbaren Güter wie Immobilien oder Autos müssen alle dem Verkauf zustimmen.

Düsseldorf. Erbengemeinschaften entstehen immer dann, wenn ein Erblasser nicht nur einen Alleinerben hinterlässt oder bestimmt, sondern mehrere. Hat er nichts anderes verfügt, wird der Nachlass gemeinschaftliches Vermögen.

Alle haben das gleiche Recht auf die ganze Immobilie, das ganze Auto, das ganze Unternehmen. "Keiner darf in einem solchen Fall ohne Zustimmung aller anderen Miterben einzelne Gegenstände an sich nehmen oder veräußern", sagt Bernhard Klinger, Fachanwalt für Erbrecht und Vorstand des Netzwerks Deutscher Erbrechtsexperten e.V. aus München.

Mögliche Erbauseinandersetzungen - vor allem bei großen Familien oder Erben mit unterschiedlichen Interessen - bergen dabei hohe Gefahren für das Gesamtvermögen. "In vielen Fällen kennen sich die Erben untereinander nicht einmal", sagt Anwalt Klinger.

Kompliziert wird es immer bei schwer teilbaren Gegenständen wie beispielweise Grundbesitz. Ein Erbe möchte das Anwesen zur Weitervermietung behalten, der andere selbst darin wohnen, der nächste nur rasch sein Geld ausgezahlt bekommen. Doch bis es zu einer möglichen Teilungseinigung kommt, müssen alle den Nachlass gemeinschaftlich verwalten, wobei die Stimmenmehrheit nach der jeweiligen Größe der Erbteile zu berechnen ist.

"Bereits hier beginnen oft die ersten Probleme, wenn der Streit über mögliche Reparaturen an einem Haus oder den Umgang mit Mietern losgeht", bestätigt der Heinsberger Fachanwalt für Erbrecht, Hans-Oskar Jülicher. Solche Konflikte ziehen sich schon mal über Jahre hin. Will ein Miterbe das Ende dieser Auseinandersetzung nicht abwarten, hat er mehrere Möglichkeiten, rascher an sein Geld zu kommen.

Erbteil auszahlen lassen: Ein Erbe möchte das Anwesen behalten, die Miterben sind jedoch nur am Wert interessiert und wollen ausgezahlt werden.

Hier löst ein sogenannter Auseinandersetzungsvertrag das Problem. In diesem Fall wird festgelegt, wer neuer Hauseigentümer wird und wie viel Geld den Miterben zufließt. So ein Vertrag stellt den Regelfall bei der Teilung des Nachlasses dar und ist ein friedlicher und meist vermögensschonender Weg.

Erbteil verkaufen: Wem alles zu lange dauert und wer komplett aus der Erbengemeinschaft aussteigen will, kann seinen gesamten Anteil veräußern. Käufer können ein Miterbe, alle Miterben oder auch ein außenstehender Dritter sein. Eine Übertragung bezieht sich jedoch nur auf den entsprechenden Erbteil insgesamt, nicht auf bestimmte Vermögensgegenstände und bedarf der notariellen Beurkundung.

Die anderen Miterben haben hier immer ein Vorkaufsrecht. Dies soll das Eindringen unerwünschter Dritter in die Erbengemeinschaft verhindern und muss binnen einer Frist von zwei Monaten ausgeübt werden. "Wollen die Erben von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen, können sie das innerhalb der Frist sogar noch tun, wenn der Vertrag über das Erbteil mit einem Außenstehenden bereits unterschrieben ist", sagt Erbrechtsspezialist Jülicher. Der Käufer geht dann trotzdem leer aus.

Nachlass versteigern: Ist keine Einigung unter den Miterben zu erzielen, hat jeder von ihnen das Recht, die sogenannte Teilungsversteigerung beim Amtsgericht zu beantragen. In diesem Fall wird die Zwangsversteigerung, etwa einer Nachlassimmobilie, angeordnet. Der Versteigerungserlös fließt dann in den Nachlass. "Oftmals genügt schon die Androhung einer Versteigerung, um die Miterben zur Vernunft zu bringen", sagt Rechtsanwalt Klinger. "Denn meist geht dabei eine Immobilie unter Wert weg."

Erbrechtsexperten empfehlen daher allen Erblassern, rechtzeitig durch entsprechende detaillierte Zusatzbestimmungen per Testament - wie etwa Teilungsanordnungen, Vermächtnisse oder Testamentsvollstreckung - das Risiko von späteren teuren Streitigkeiten einzugrenzen.