Steuerzahler haben Angst, etwas falsch auszufüllen
Bürger suchen immer öfter Hilfe in Vereinen für Steuererklärungen. Viele Mitarbeiter waren Finanzbeamte.
München. Die Steuererklärung rangiert auf der Liste der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen ungefähr auf einer Stufe mit der jährlichen Zahnarztkontrolle: ganz weit unten. Um sich erfolgreich durch den Formular-Dschungel zu schlagen, holen sich aber immer mehr Steuerpflichtige professionelle Hilfe. Vor allem Lohnsteuerhilfevereine freuen sich als preisgünstige Alternative zum Steuerberater über großen Zulauf. Rund drei Millionen Steuerzahler sind bereits Mitglied in einem der rund 850 Lohnsteuerhilfevereine in Deutschland.
Für seine Mitglieder erstellen die Vereine nicht nur die Einkommensteuererklärung, sondern legen notfalls auch Einspruch gegen den Steuerbescheid ein und führen einen Rechtsstreit vor dem Finanzgericht. Viele Mitarbeiter der Lohnsteuerhilfevereine sind ehemalige Finanzbeamte. Sie wissen, worauf es in der Steuererklärung ankommt und was wo eingetragen werden muss.
„Die Mitgliederzahlen steigen seit Jahren“, sagt der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Lohnsteuerhilfevereine, Erich Nöll. Nicht nur Frust treibt viele Arbeitnehmer und Rentner in die Vereine: „Viele Steuerzahler haben auch Angst, etwas falsch zu machen.“ Allein beim größten Lohnsteuerhilfeverein, der Vereinigten Lohnsteuerhilfe, traten im vergangenen Jahr rund 40 000 Mitglieder neu ein.
Die Lohnsteuerhilfevereine sehen sich als Selbsthilfeeinrichtungen. Statt um Alkohol- oder Spielsucht dreht sich bei ihnen jedoch alles um die Last mit der Steuer. Mitglied können Angestellte, Beamte oder auch Rentner werden. „Viele unserer neuen Mitglieder sind Rentner“, sagt Nöll. Eine Obergrenze für das Jahreseinkommen gibt es nicht, allerdings ist der Jahresbeitrag gestaffelt und liegt in der Regel je nach Einkommen zwischen 50 und fast 400 Euro für Spitzenverdiener. Großgrundbesitzer oder Multimillionäre müssen bei den Lohnsteuerhilfevereinen draußen bleiben: Um Mitglied werden zu können, dürfen maximal 13 000 Euro pro Kalenderjahr aus Mieteinnahmen und Kapitalvermögen erzielt werden.
Die Vereine greifen ihren Mitgliedern bei Fragen unter die Arme. Welche Ausgaben werden als Werbungskosten anerkannt? In welcher Höhe können Kosten für den Kindergarten angesetzt werden? Für die Profis in den Vereinen sind die Antworten Alltag. Bei ihrer Arbeit unterliegen die Vereine dem Steuerberatergesetz und werden von der Finanzverwaltung kontrolliert.
Trotzdem sollten die Steuerpflichtigen nicht alles aus der Hand geben. Die Stiftung Warentest kam in einem Test von Lohnsteuerhilfevereinen schon vor Jahren zu dem Schluss, dass Steuerzahler dort eine sinnvolle Hilfe finden können — wenn sie als Kunde auf einige Dinge achten. „Bestehen Sie darauf, dass der Berater die Steuererklärung in verständlicher Art mit Ihnen durchgeht und den voraussichtlichen Erstattungsbetrag errechnet.“ Auch sollte sichergestellt werden, dass der Berater die steuerliche Situation genau erfasst: Beruf, Kinder, Aus- und Weiterbildung, Dienstreisen, Fachbücher — alles wichtige Stichworte für die Berechnung der Steuer.