Studi-VZ: Die ganz private Reklame im Netz

Das erfolgreiche Online-Portal hat den Weg für personalisierte Werbung freigemacht – nicht alle sind begeistert.

Düsseldorf. Es ist einfach, so einfach. Fünf Minuten, um das digitale Tor zur zwischenmenschlichen Vernetzung zu durchschreiten. Christian Stojnic hat es gewagt, seit Juli 2007 ist er Mitglied bei Deutschlands erfolgreichstem Internetangebot - er ist Teil des StudiVZ. "Um mit meinen engen und losen Bekanntschaften in Kontakt zu bleiben, ist das StudiVZ perfekt", findet der 29-jährige Student. Genauso denken rund 5,1 Millionen andere Mitglieder, die dem Portal allein im Januar 2008 6,4 Milliarden Seitenaufrufe beschert haben. "Wir sind im deutschsprachigen Raum die größte social community", freut sich Christiane Biederlack, PR-Managerin von StudiVZ. Doch die 5,1 Millionen Nutzer kosten erst einmal Geld. "Wachstum ist teuer: Server, Infrastruktur und Personal. Mittlerweile haben wir 130 Mitarbeiter", so Biederlack. "Jeden Tag kommen Neuanmeldungen im fünfstelligen Bereich dazu." Um das Portal kostenlos anbieten zu können - das erklärte Ziel der Betreiber - und trotzdem "Geld zu verdienen", sei Werbung nötig. "Daher haben wir im Dezember angekündigt, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen so zu ändern, dass wir personalisierte Werbung anbieten können", so Christiane Biederlack. "Viele Agenturen haben nur darauf gewartet, dass wir dies machen."

StudiVZ-Nutzer haben sich in Protestgruppen organisiert

Medien, Datenschützer und Nutzer reagierten auf diesen Vorstoß empfindlich. "Das war ein Kommunikationsproblem mit der Community. Unser Fehler war, dass wir die Nutzer nicht klar und transparent genug informiert haben", gesteht die StudiVZ-Sprecherin ein. Im ersten Entwurf der neuen AGBs war unter anderem von Werbung aufs Handy die Rede. Der Verkauf kompletter Datenpakete an Dritte schien der logische nächste Schritt. Kritische Nutzer versammelten sich in Gruppen wie "StasiVZ" oder "PRO Datenschutz". Einer, der an der Glaubwürdigkeit der StudiVZ-Verantwortlichen zweifelt, ist Yannik M. (21). Er ist Mitglied der virtuellen Community und Gründer der Gruppe "Pro Datenschutz". Yannik ist vorsichtig geworden, was seine Daten angeht. "Bei den Herren von StudiVZ stehen ökonomische Interessen an erster Stelle." Das sei nicht verwerflich, schließlich sei es ja von Anfang an eine Geschäftsidee gewesen. "Moralisch kann ich das jedoch nicht vertreten."

Dienstleistungen in sozialen Netzwerken sind nicht umsonst

Der Proteststurm zwang die Verantwortlichen dazu, etwas zu ändern. Schließlich lebt StudiVZ davon, durch möglichst viele Mitglieder für Werbekunden interessant zu werden. "Wir haben schnell entschieden, dass wir die AGB noch einmal nachbessern", erinnert sich Biederlack. Die Handy-Passage fiel weg, es wurde nochmal klar gesagt, dass der Verkauf der Daten an Dritte nie vorgesehen war. Die personalisierte Werbung soll trotzdem kommen. "Jetzt zeigt sich, dass die Dienstleistung in sozialen Netzwerken nicht umsonst ist. Man wird aufgefordert, sein Datenprofil zu verkaufen", warnt Bettina Gayk vom Landesamt für Datenschutz in NRW. Vielen Jugendlichen sei noch nicht klar, welchen kommerziellen Wert ihre Daten haben, ergänzt Constanze Kurz vom Chaos Computer Club. Dass nicht alle so unbedacht sind, zeigen die Reaktionen. Seinen Namen zu verfälschen war im Januar im Trend. Viele stellen ihr Profil mittlerweile auf "privat", so dass nur ihre Freunde es einsehen können. Handynummern sind von fast jedem Profil verschwunden. Trotzdem sei die Zahl derjenigen, die sich tatsächlich verabschiedet haben, gering. "Bis zum 9. Januar, das Datum an dem die AGB in Kraft getreten sind, haben sich rund 50000 Nutzer abgemeldet." Stojnic fühlt sich noch immer wohl im StudiVZ. Personalisierte Werbung wird das nicht ändern. Für viele, darunter auch Yannik M., ist die Schmerzgrenze allerdings erreicht: "Wenn jetzt noch was kommt, bin ich weg." Dann kann es schnell vorbei sein mit dem Hype um StudiVZ. Die Konkurrenz schläft nicht, und auch das Abmelden ist einfach, so einfach. Idee und personalsierte Werbung Idee Das Prinzip ist simpel aber genial: StudiVZ bietet den Nutzern eine eigene Seite an, um sich und ihre Interessen zu präsentieren. Das Wichtigste: Die Freunde aus der echten Welt findet man dort wieder. Man kann Nachrichten schreiben, Pinnwand-Einträge auf dem Profil eines Freundes hinterlassen und seine Fotos hochladen. Personalisierte Werbung Frauen sehen Kosmetikwerbung, Männer bekommen Reklame für Autos. Aufgegliedert nach Alter, Geschlecht, Studienort und Studienrichtung kann der Streuverlust der Werbung verringert werden. StudiVZ wird nicht müde zu betonen, dass nie Daten an Werbende weitergegeben werden Strafverfolgung Daten Das Online-Netzwerk StudiVZ arbeitet regelmäßig mit der Polizei zusammen. Auf Anfrage gibt die Geschäftsführung Daten verdächtiger Nutzer an die Ermittler weiter. Dies bestätigte StudiVZ-Geschäftsführer Marcus Riecke Welt Online. "Wir haben uns von allen Nutzern, die unsere AGB akzeptiert haben, bestätigen lassen, dass wir bei Ermittlungsersuchen der Strafverfolgungsbehörden Nutzerdaten weitergeben dürfen", sagte Riecke. Zur Herausgabe der Daten in begründeten Fällen sei das Unternehmen laut Telemediengesetz verpflichtet. Zu Anfragen berechtigt sind die Polizeibehörden, der Verfassungsschutz sowie die Geheimdienste.