Vererben Zweifelsfragen beim Testament
DÜSSELDORF · Wer sich nicht an formale Vorschriften hält, riskiert, dass sein letzter Wille nicht Realität wird.
Für das Verfassen von Testamenten gibt es feste Regeln. Und doch kommt es immer wieder zu Zweifelsfällen, in denen Gerichte entscheiden müssen. Das zeigen diese beiden Beispiele:
Handschriftliches Testament und maschinengeschriebene Anlage
Der Fall: Ein Ehepaar hatte ein gemeinschaftliches eigenhändiges Testament errichtet, das von beiden unterschrieben war. Alle formellen Voraussetzungen waren eingehalten. Sie setzten sich zunächst als Alleinerben ein und regelten dann im Weiteren: Später soll der Nachlass in Deutschland an die Tochter des Ehemannes aus erster Ehe gehen. Und ein Ferienhaus in Italien an eine Erbengemeinschaft aus fünf befreundeten Familien. Wörtlich regelten sie: „Namen und Adressen für das Erbteil in Italia sind im PC Ausdruck angehängt und persönlich unterschrieben.“ Nachdem die Ehefrau gestorben war, überlegte es sich der Witwer anders, errichtete ein neues Testament und setzte darin seine Tochter als Alleinerbin ein. Die „Erben“, die auf der dem ersten Testament angehängten Liste aufgeführt waren, klagten. Sie wollten das Ferienhaus in Italien haben.
Das Gericht: Der Bundesgerichtshof (BGH, IV ZB 30/20) entschied, dass die Tochter entsprechend dem späteren Testament Alleinerbin ist. Denn das erste Testament mit der angehängte Liste genügte nicht den Formerfordernissen. Denn sämtliche Verfügungen des Erblassers (in diesem Fall des Ehepaares) müssen, um wirksam zu sein, diese Formanforderungen erfüllen. In dem handschriftlichen Testament war hinsichtlich des Erbteils in Italien die getroffene Verfügung aber nicht hinreichend bestimmt. Aus dem Testament allein lassen sich die Erben nicht entnehmen. Ohne eine zweifelsfreie Bestimmung der bedachten Personen liegt jedoch keine vollständige letztwillige Verfügung vor. Die Erbeinsetzung für das „Erbteil Italia“ konnte nicht dadurch vervollständigt werden, dass auf die Namen und Adressen in der maschinengeschriebenen Anlage verwiesen wurde.
Der Kommentar: Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht und Geschäftsführer der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge, sagt: „Nach der Entscheidung des BGH ist dringend davon abzuraten, maschinengeschriebene Anlagen einem Testament beizufügen.“
Ankündigung der Erbeinsetzung ist kein gültiges Testament
Der Fall: Die unverheiratete und kinderlose Erblasserin hatte in hohem Alter noch einmal ein sehr schönes Weihnachtfest erlebt. Sie schrieb ihren beiden Gastgebern drei Tage danach: „Ich möchte mich für die liebevolle Aufnahme am 1. Weihnachtstag recht herzlich bedanken… Im neuen Jahr gehe ich zum Notar; Ihr allein sollt meine Erben sein…“
Entsprechend ließ sie ein paar Monate später den Entwurf einer notariellen Urkunde erstellen, wonach die beiden „Weihnachtsgastgeber“ jeweils hälftig Erben sein sollten. Doch bevor es zum Notartermin kommen konnte, verstarb die Frau. Die „Weihnachtsgastgeber“ legten dem Nachlassgericht den Brief mit dem Versprechen der Dame vor. Die gesetzlichen Erben argumentierten, dass der Brief allein nicht ausreiche, ihnen stehe das Erbe zu.
Das Gericht: Das Oberlandesgericht Saarbrücken (5 W 62/21) entschied zugunsten der gesetzlichen Erben und gegen die „Weihnachtsgastgeber“. Zwar könne ein privatschriftliches Testament grundsätzlich auch in einem vom Erblasser eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Brief enthalten sein. Allerdings muss außer Zweifel stehen, dass der Erblasser (in diesem Fall die Erblasserin) diesen Brief als rechtsverbindliche letztwillige Verfügung angesehen hat. Es müsse ein ernstlicher Testierwillen vorgelegen haben.
Einen solchen verneint das Oberlandesgericht. Der Brief nach dem Weihnachtsfest sei nur eine Ankündigung gewesen, die Adressaten zu einem späteren Zeitpunkt mittels notarieller Verfügung zu Erben einsetzen zu wollen. Gerade das sei aber nicht mehr geschehen. Denn die Vereinbarung des Beurkundungstermins und die aufseiten der Erblasserin offenbar gesehene Notwendigkeit eines solchen Schrittes deutete darauf hin, dass sie vielmehr davon ausging, bislang nicht rechtsgültig testiert zu haben. Folge: Es trat die gesetzliche Erbfolge ein, die „Weihnachtsgastgeber“ gingen leer aus.
Der Kommentar: Erbrechtsexperte Jan Bittler betont, dass durchaus die Möglichkeit bestanden hätte, schon in der handschriftlichen Ankündigung die Gastgeber des Weihnachtsfestes als Erben einzusetzen. Dann wären sie auch ohne späteres notarielles Testament zu Erben geworden. Bittler: „Zwar können grundsätzlich alle Schriftstücke, die dem Formerfordernis des § 2247 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechen, also eigenhändig, handschriftlich geschrieben und unterschrieben sind, eine letztwillige Verfügung darstellen. Allerdings stellt sich bei allen Schriftstücken, die nicht ausdrücklich als Testament bezeichnet sind, immer die Frage, ob auch ein Testierwille beim Abfassen eines solchen Schreibens vorlag.“
Der Erbrechtsexperte empfiehlt daher, ein Testament nicht nur eigenhändig zu schreiben und zu unterschreiben, sondern durch die Verwendung einer Überschrift wie zum Beispiel „Mein Testament“, oder „Unser letzter Wille“ deutlich zu machen, dass es sich bei dem Schriftstück auch wirklich um ein Testament handelt. Und eben nicht lediglich um eine Ankündigung oder den Entwurf eines Testaments.