Hunden schlechte Eigenarten abgewöhnen
Hamburg (dpa/tmn) - Beim Spazierengehen zerrt er an der Leine, beim Schlafengehen blockiert er das Bett. Und zur Begrüßung des Herrchens wird erstmal der Flur nass gemacht. Wer Hunden schlechte Angewohnheiten abgewöhnen will, muss oft um die Ecke denken.
Von wegen bester Freund des Menschen: Für manche Hundebesitzer ist ihr Haustier eher ein felliger Mitbewohner mit merkwürdigen Angewohnheiten. Ständiges Bellen stört die Nachbarn, beim Spaziergang werden Jogger gejagt, und auch das ständige Hochspringen am Herrchen ist bei einem Labrador jenseits der 30 Kilo nur begrenzt lustig. Solche Marotten sind meistens sogenanntes erlerntes Verhalten. „Alles Gelernte kann grundsätzlich auch wieder verlernt werden“, sagt Kerstin Röhrs aus Hamburg.
Die auf Verhaltenstherapie spezialisierte Tierärztin hat schon mit vielen schlecht erzogenen Hunden gearbeitet - und dabei nicht immer beim Vierbeiner angefangen. „Auch der Hundebesitzer muss sein Verhalten ändern“, erklärt sie. Oft sei das sogar der schwierigere Teil, denn der Schlüssel zur Hundeerziehung sei Konsequenz: „Konsequenz ist nicht gleichbedeutend mit Strenge. Konsequenz bedeutet, in gleichen Situationen auch das gleiche zu tun.“ Das falle vielen Hundehaltern schwer.
Das Zerren an der Leine ist für Röhrs zum Beispiel klassisch angelerntes Verhalten: „Der Hund hat gelernt, dass er durch Ziehen da hin kommt, wo er hin will.“ Also müsse der Besitzer stehenbleiben, wenn der Hund zieht. Das kann gerade bei größeren Hunden für beide Parteien sehr mühsam sein. Röhrs empfiehlt deshalb einen Trick: Während des Spaziergangs wechselt der Besitzer für eine kurze Strecke vom Geschirr zum Halsband. Der Hund merkt, dass sich die Situation geändert hat und wird aufmerksamer. Auf der kurzen Strecke wird dann konsequent das Stehenbleiben trainiert. Mit der Zeit kann die Länge der Strecke nach und nach erweitert werden.
Es gibt aber auch Dinge, die Hunden nicht beigebracht werden können. Viele nehmen ihren Hund mit ins Bett, sind dann aber genervt, wenn er im Laufe der Nacht die gesamte Liegefläche erobert. „Ich kann einem Hund nicht verbieten, sich auf eine freie Stelle zu legen“, erklärt Röhrs. Wenn ein Hund einmal irgendwo liege und dann plötzlich weggejagt werde, könne er das nicht verstehen. Ein Hund dürfe durchaus im Bett schlafen, das sei jedem Besitzer selbst überlassen. Das Motto müsse dann aber „ganz oder gar nicht“ sein.
Andere Gewohnheiten sind nicht erlernt, sondern angeboren - so wie der Jagdtrieb, den jeder Hund mehr oder weniger stark hat. „Einem Hund den Jagdtrieb abzugewöhnen, kann sehr schwer sein“, sagt Angelika Lanzerath, Hundetrainerin und Autorin des Buchs „Die Hundeschule: So geht's nicht weiter“.
Lanzerath empfiehlt, den Jagdtrieb nicht zu unterdrücken, sondern dem Hund die Möglichkeit zu geben, dem Trieb zu folgen - etwa durch Jagdspiele wie Apportieren. Außerdem ließen sich zumindest Hunde ohne übermäßig starken Jagdtrieb ablenken: „Es geht darum, im entscheidenden Moment interessanter zu sein als der Reiz zur Jagd“, erklärt Lanzerath. Möglich sei das zum Beispiel mit einem Leckerli, einem Spielzeug oder einem eingeübten Rückrufkommando.
Manche Hunde beginnen sofort zu pinkeln, wenn sich die Wohnungstür öffnet. Ärgern wollen sie ihren Besitzer damit nicht. „Das Pinkeln ist eine Geste der Unterwerfung“, erklärt Lanzerath. Deshalb ist es in dieser Situation auch sinnlos, mit dem Hund zu schimpfen - denn dann unterwirft er sich nur noch mehr. Genauso unsinnig ist aber, den Hund durch gutes Zureden beruhigen zu wollen. „Am besten ist es, solche Hunde beim Nachhausekommen zu ignorieren“, sagt Lanzerath.
„Ignorieren und belohnen“ empfiehlt auch Elke Deininger von der Akademie für Tierschutz in München. Laute Worte oder zum Beispiel ein Ruck an der Leine seien nur in absoluten Ausnahmesituationen angebracht - etwa, wenn der Hund sich oder andere in Gefahr bringt.
Service:
Lanzerath, Angelika/Krivy, Petra: Die Hundeschule: So geht's nicht weiter, Pietsch Verlag, Stuttgart, 96 Seiten, 9,95 Euro, ISBN-13 978-3-275-01713-3