Mein Frauchen gehört zu mir: Eifersucht bei Tieren
Zossen (dpa/tmn) - Ein neuer Partner, ein Baby, ein zweiter Hund: Wenn Tiere ihren Besitzer plötzlich teilen sollen, hängt der Haussegen schnell schief. Denn auch Vierbeiner können eifersüchtig werden.
Wer dann nicht richtig reagiert, riskiert ernste Schwierigkeiten.
Die haben Gurke bekommen, das darf ja wohl nicht wahr sein! Meerschweinchen Momo schnüffelt an den Mäulern seiner Mitbewohner Mia und Lilly. Gurke, Tatsache. Das kleine Nagetier beginnt zu fiepen. „Gurke und Paprika sind bei Meerschweinchen sehr beliebt“, erklärt Halterin Sandra Hönisch. „Stellt eines meiner Tiere fest, dass das andere Gurke bekommen hat, es selber aber nicht, quiekt es so lange und aufgeregt, bis es auch ein Stück bekommt.“
In gewisser Weise sei das ein Ausdruck von Eifersucht, sagt die Hamburgerin von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten. Beim Menschen beschreibt Eifersucht das Gefühl, wegen einer anderen Person oder Sache nicht genug Anerkennung, Aufmerksamkeit oder Zuneigung zu bekommen. „Bei Tieren ist es ähnlich“, sagt Tierärztin Tina Hölscher vom Verein Aktion Tier in München: „Die Eifersucht ist hier vor allem gepaart mit einer Verlustangst. Der Vierbeiner befürchtet, sein geliebtes Frauchen könnte sich von ihm abwenden.“
Eifersucht bei Tieren ist laut Verhaltensbiologin Ariane Ullrich vom Berufsverband der Hundeerzieher und Verhaltensberater (BHV) bislang nicht hundertprozentig bewiesen. Doch ihrer Meinung nach deuten viele Verhaltensweisen der Tiere darauf hin, dass sie sich benachteiligt fühlen. „Tieren geht es darum, ihre Ressourcen zu sichern“, bestätigt Melitta Töller von Vier Pfoten. Das könne Futter sein oder der angestammte Rang in der Familie.
Katzen fangen dann an, sich zurückzuziehen, verweigern das Futter oder pinkeln vor allem an die Stellen, an denen es besonders nach dem Eindringling riecht: Das können das Bett, die Babywiege oder das Sofa sein. Hunde zerstören Schuhe oder Teppiche und drängeln sich offensiv zwischen ihr Herrchen oder Frauchen und den Neuen und fordern Zärtlichkeit, beschreibt Töller.
Um Eifersucht vorzubeugen oder zu beenden, muss das neue Lebewesen für das Tier zu etwas Positivem werden. „Es kann zum Beispiel schöne Dinge ankündigen, indem etwa der Spaziergang nur beginnt, wenn der neue Hund da ist“, schlägt Ullrich vor. Oder indem der Futternapf nur heruntergestellt wird, wenn das Baby dabei ist.
„Man sollte tunlichst vermeiden, den Hund zu vernachlässigen und sich gerade bei Änderung der Familienzusammensetzung intensiv um ihn kümmern“, rät Dorit Feddersen-Petersen, Fachtierärztin für Verhaltenskunde aus Kiel. Denn Liebesentzug führe zu Unsicherheiten und Einsamkeit, unter der auch Hunde leiden. „Schließlich sind sie hoch sozial und auf ihre Bindungspartner angewiesen.“
Unter Hunden ist es wichtig, das alte Tier weiterhin höherrangig zu behandeln. Es muss zuerst sein Futter erhalten, behält sein Körbchen und seinen Napf. Tritt ein neuer Partner ins Leben des Besitzers, hilft es, wenn derjenige sich intensiv mit dem Tier beschäftigt, rät Tierärztin Hölscher. Und kommt ein Baby ins Haus, sollte der Hund in die Babypflege einbezogen werden.
Auch gemeinsame Schmuseeinheiten fördern die Akzeptanz. „Es ist ratsam, beim Stillen auf dem einen Arm das Baby zu haben und mit der freien Hand die Katze zu kraulen“, sagt Hölscher.
Wie beim Menschen ist die Ausprägung der Eifersucht Charaktersache. „Extrovertierte Tiere mögen unter Nichtbeachtung mehr leiden“, sagt Verhaltensexpertin Feddersen-Petersen. Gleichmütige, gelassene Charaktere dagegen bringt nichts so leicht aus der Ruhe. Ernst zu nehmen ist die emotionale Aufregung der Tiere jedoch in jedem Fall: Die andauernden Verlustängste können Tiere krank machen.