Mensch und Tier - Wie sich ihre Beziehung wandelt
Berlin (dpa) - Die Beziehung der Menschen zu ihren Haustieren wandelt sich. Dabei handeln die Halter häufig widersprüchlich: Viele verhätscheln Bello und Co, achten an der Fleischtheke aber nur auf den Preis.
Die Katze ist König: Jeder dritte Haushalt in Deutschland hält Heimtiere. Dabei verändert sich das Verhältnis der Menschen zu ihren Tieren nach Expertenmeinung deutlich. „Das Nutztier ist in den Hintergrund geraten“, sagt die Biologin Ursula Bauer in Berlin. Mit dem Rückgang der Landwirtschaft gebe es so gut wie keine Hüte- oder Hofhunde mehr. „Katzen und Hunde sind zu reinen Schmusetieren geworden“, betont Bauer, die auch die Geschäfte der Organisation aktion tier führt. Pferde seien sowohl Schlacht- als auch Haustiere, wobei es in Deutschland zunehmend verpönt sei, Pferdefleisch zu essen, meint die Expertin.
Im vergangenen Jahr gaben die Bundesbürger für ihre Vierbeiner mehr als 3,7 Milliarden Euro aus. Das geht aus Schätzungen des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe hervor. In den teuren Einkaufsstraßen der Großstädte sind Läden, die diamantbesetzte Halsbänder und Kaschmirpullis für zitternde Chihuahuas anbieten, mittlerweile gang und gäbe.
In der Beziehung zwischen Mensch und Tier seien zwei Entwicklungen zu beobachten: „Die einen sehen Tiere als Ersatz für Kinder oder Familie und sind der Meinung, Tiere seien die besseren Menschen“, sagt Bauer. Die Vierbeiner würden überhöht, verwöhnt und nach menschlichen Maßstäben behandelt. Der Umgang mit Tieren sei oft bequemer: Sie geben keine Widerworte und freuen sich, wenn Herrchen oder Frauchen nach Hause kommen.
Nicht selten schlage diese Tierliebe ins Extreme um: Beim „Animal hoarding“ werden krankhaft Unmengen von Tieren gesammelt und nicht tiergerecht gehalten. „Das ist vergleichbar mit dem Messie-Syndrom“, sagt Bauer. Vor allem Exoten wie seltene Schlangen oder Spinnen sind beliebt. Die Menschen betrachteten die Tiere jedoch weniger als Ersatz, sondern als Statussymbol.
Die andere Entwicklung sieht Bauer in der „Geiz-ist-geil“-Mentalität begründet. Tiere würde als Schnäppchen im Vorübergehen auf Märkten im osteuropäischen Ausland oder im Internet gekauft. „Die Leute denken nicht an die Folgekosten oder ob sie sich ein Haustier leisten können.“ Die vielen Tierheime in Deutschland machten es später leicht, das unliebsame Accessoire wieder loszuwerden.
Die Psychologin Andrea Beetz, die an der Uni Rostock über die Mensch-Tier-Beziehung habilitiert, kritisiert das Bestreben vieler Tierfreunde, beim Einkauf zu sparen: „Menschen mögen Tiere, greifen dann aber doch zu billigem Fleisch. Da besteht eine Inkonsistenz“, sagt Beetz. Dieses Paradox trete ebenfalls nach Lebensmittelskandalen, schockierenden Berichten im Fernsehen oder den jüngsten Bestsellern von Karen Duve oder Jonathan Safran Foer auf.
„Da sind erstmal alle geschockt. Die meisten Menschen haben die hehre Vorstellung, dass es den Nutz- und Haustieren gut gehen soll. In der Praxis ist das Leben aber zu hektisch, um sich über vegane Lebensmittel oder Kleidung zu informieren“, sagt Beetz. So hielten es nur die wenigsten durch, den Tierschutz umfassend zu leben.