Teure Fehldiagnose: Tierarzt muss nach Tier-Tod zahlen

Karlsruhe (dpa) - Tierärzte können künftig leichter für die Folgen grober Behandlungsfehler haftbar gemacht werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat am Dienstag entschieden, dass Tiermediziner in solchen Streitfällen ihre Unschuld grundsätzlich beweisen müssen (Az.

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VI ZR 247/15).

Bislang galt diese sogenannte Beweislastumkehr nur im Bereich der Humanmedizin. Einen Veterinär aus Niedersachsen kommt die BGH-Entscheidung teuer zu stehen. Er muss einer privaten Züchterin für ihren wertvollen Islandhengst Schadenersatz zahlen - es geht um mehr als 110 000 Euro.

Deckhengst Leiknir hatte im Juli 2010 getötet werden müssen, nachdem der Tiermediziner einen Knochenriss nicht erkannt hatte. Er war wegen einer Wunde am Bein des Pferdes gerufen worden, hatte aber nur die Wunde versorgt und eine mögliche Fissur nicht in Betracht gezogen. Er verordnete zwei Tage Schonung, obwohl der Hengst wegen des Knochenrisses komplette Ruhe gebraucht hätte. „Mehr als 70 Prozent von Fissuren heilen dann vollständig aus“, sagte die Besitzerin des getöteten Tieres, Kirsten Hofmann. Stattdessen bewegte sich das Tier, brach sich das angeknackste Bein und war nicht zu retten.

Bereits die beiden Vorinstanzen hatten der Halterin Recht gegeben. Nicht sie trug die Beweislast, wie es sonst im tierärztlichen Sektor die Regel war, sondern der Tiermediziner hätte beweisen müssen, dass die Fehldiagnose nicht für den Beinbruch und letztlich den Tod des Hengstes verantwortlich war. Das aber konnte er nicht - er wurde sowohl vom Landgericht Osnabrück als auch vom Oberlandesgericht Oldenburg bereits zu Schadenersatz verurteilt.

Die BGH-Entscheidung könnte weitreichende Folgen auch für die Versicherungswirtschaft haben. „Tierbesitzer haben es dann künftig leichter, ihre Ansprüche geltend zu machen“, hatte BGH-Anwältin Barbara Genius, die die Tierhalterin vertrat, bereits vor der Verhandlung angedeutet. Mit dem Urteil sei Rechtssicherheit geschaffen worden, ergänzte eine BGH-Sprecherin.

Für Pferdebesitzerin Hofmann geht damit ein langer Kampf allmählich zu Ende. Ihr elfjähriger, von ihr selbst gezüchteter Hengst Leiknir war rund 40 000 Euro wert; „plus entgangener Deckgelder“, sagte sie. „Ich hatte schon zweimal vor Gericht gewonnen und werde jetzt hoffentlich endlich entschädigt.“ Über die tatsächliche Höhe muss nun das Landgericht Osnabrück entscheiden.