Wenn der Hund Herrchens innerem Schweinehund hilft
Oldenburg/Bremen (dpa) - Sport auf sechs Beinen: Wer seinen Hund liebt, schwitzt mit ihm gemeinsam. Sportkurse machen Mensch und Tier fit. Denn Abspecken müssen nicht nur Zweibeiner. Auch viele Hunde sind zu dick.
Christoph Nuy hängt im Liegestütz an einer Bank. Stöhnend drückt er sich ab und hebt den linken Arm. Hündin Hanne läuft unter seinem Körper durch. Dann geht es zurück in den Liegestütz. Die andere Seite ist dran. „Ich bin ja ein bisschen faul“, gesteht Nuy nach fünf schweißtreibenden Wiederholungen. Gegen den inneren Schweinehund hilft ihm sein Hund. Seit einiger Zeit besuchen beide ein spezielles Fitnesstraining für Mensch und Tier in Oldenburg. „Das tut mir gut und Hanne auch“, meint Nuy.
Eine Stunde lang scheucht Trainer Sven Dressler die Kursteilnehmer auf zwei und vier Beinen durch den Wald. Laufen und Kraftübungen wechseln sich ab. Nach dem Liegestütz stellt sich die Dalmatinerdame mit den Vorderbeinen auf die Bank. „Das trainiert die Hinterbeine und den großen Rückenmuskel“, sagt Dressler. Und weiter geht es: Joggen, weite Ausfallschritte, und die Hunde laufen Slalom durch die Beine.
Gassi gehen, zwischendurch mal ein Stöckchen apportieren - dem modernen Hund reicht das nicht. Er geht ins Hundeschwimmbad, macht Dogdancing oder Discdogging (Hunde-Frisbee) und stärkt seine Muskeln auf Wackelbrett und Gymnastikrolle.
Sportkurse für Hunde bieten inzwischen viele Tiertrainer an. „Das schwappt immer mehr - vor allem aus den USA - zu uns rüber“, sagt die Bremer Hundeerzieherin Lina Engelken. Bei ihr können Hund und Besitzer Tanzstunden nehmen oder gemeinsam die richtige Frisbee-Technik lernen, alles gelenkschonend natürlich.
Gelenkschonender Sport ist sowieso ein großes Thema. Wie ihre Besitzer bewegen sich viele Hunde zu wenig und futtern zu viel. Die Folge sind Diabetes, Rückenschmerzen oder Herzprobleme. In den USA gelten 55 Prozent der Hunde und Katzen als zu dick. Dort gibt es nicht nur einen eigenen Verband für fettleibige Haustiere, sondern auch spezielle Fitnesscenter, wo sie sich auf Laufbändern und im Pool trimmen können. Vierwöchige Diät- und Sportcamps sollen selbst die hartnäckigsten Pfunde purzeln lassen.
So heftig wie in den USA ist es bei uns noch nicht. 20 bis 30 Prozent ihrer Patienten hätten zu viel auf den Rippen - oft fünf bis sechs Kilogramm, sagt die Tierphysiotherapeutin Anne-Marie Bestehorn. Sie nimmt die mopsigen Vierbeiner zum Abspecken mit ins Hundeschwimmbad in Isernhagen bei Hannover. Zweimal pro Woche müssen sie eine halbe bis dreiviertel Stunde im Wasser paddeln. Auch in anderen Städten wie Köln oder Oberursel bei Frankfurt können Hunde mit Schwimmtraining abnehmen.
Für das Wohl unserer Hunde greifen viele tief in die Tasche: In Deutschland wurden im vergangen Jahr nach Angaben des Industrieverbands Heimtierbedarf fast 1,4 Milliarden Euro für Hundefutter und Zubehör ausgegeben. Acht Stunden Dogdance kosten beispielsweise 90 Euro, Fitnesstraining für Mensch und Hund 100 Euro für zehn Stunden.
Geld, dass man sich nach Ansicht von Adelheid Prüfer sparen kann. „Das ist ein Auswuchs unserer Gesellschaft, dass wir unsere Hunde dick füttern und dann zum Sport schicken“, sagt die Kleintierexpertin von der Tierärztlichen Hochschule in Hannover. Sie rät: weniger Futter und mehr Auslauf - auf jeden Fall dreimal am Tag. Doch das sei manchen Haltern vielleicht einfach zu langweilig, mutmaßt sie.
Während Christoph Nuy die Schweißperlen auf der Stirn stehen, springt seine Hündin Hanne noch munter umher. Rasch erklimmt sie eine umgekippte Baumwurzel, dann ist Sportskollege Pelle, ein Jack-Russell-Mischling dran. Ein älterer Herr mit Yorkshire Terrier bleibt stehen, blickt seinen Hund an, schüttelt den Kopf. „Das brauchst Du nicht, Süße!“, sagt er und geht weiter.