Windeln für Bello: Inkontinenz bei Hunden

Berlin (dpa/tmn) - Wenn Hunde in dicke Windeln gepackt sind, handelt es sich selten um noch nicht stubenreine Welpen. Meist ist eine alters- oder kastrationsbedingte Inkontinenz der Grund für das Hundehöschen.

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Vor allem große Hündinnen sind betroffen.

Es kann im Stehen passieren, beim Laufen oder beim Schlafen. Plötzlich und unbewusst verliert ein inkontinenter Hund Harn oder Kot. „Je nach Ausprägungsgrad können das einzelne Tropfen sein oder richtige Urinbächlein“, erklärt die Tierärztin Tina Hölscher von Aktion Tier aus München. Seltener betreffe Inkontinenz den Stuhlgang. Die häufigste Form der Erkrankung ist das nächtliche Harnträufeln. „Dabei verlieren meist ältere Hündinnen tröpfchenweise Harn im Schlaf“, erklärt Roderich Sondermann, Berliner Tierarzt und Mitglied im Berufsverband der Hundeerzieher und Verhaltensberater (BHV).

Zunächst bleibt das häufig unbemerkt, sagt er. Manchmal erkennen Herrchen und Frauchen es morgens an feuchten Flecken im Körbchen. Wenn der Hund nicht mehr selbst kontrollieren kann, wann sich seine Blase entleert, hat das oft einen Grund: Der Schließmuskel seiner Harnblase ist erschlafft. Das passiert häufig bei kastrierten, aber auch bei älteren Hündinnen, wenn sie zu wenige bis keine weiblichen Sexualhormone mehr produzieren.

„Da der Harnleiter bei Hündinnen wesentlich kürzer und gerader als bei Rüden ist, sind diese häufiger von Inkontinenz betroffen“, sagt Tierarzt Sondermann. Inkontinenz tritt vor allem bei großen Hunden mit mehr als 20 Kilogramm auf. „Rassen wie Dobermann, Riesenschnauzer, Rottweiler oder Boxer sind eher betroffen, Schäferhund, Berner Sennenhund, Dackel oder Spaniel dagegen seltener“, erklärt Katharina Linder von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten in Hamburg.

Im Schnitt tritt den Experten zufolge bei etwa 30 Prozent aller großen, kastrierten Hündinnen eine Inkontinenz auf - bei kleinen sind es 10 Prozent. Wann die Inkontinenz nach einer Kastration eintritt, ist sehr unterschiedlich, sagt der BHV-Tierarzt: Sie könne schon bald passieren oder erst nach acht bis zehn Jahren. „In der Regel tritt sie aber nach drei bis fünf Jahren ein“, sagt Sondermann.

Auch nicht kastrierte Hündinnen können im Alter inkontinent werden, sagt der Tierarzt. Man spricht dann von Altersinkontinenz. „Hier kommen verschiedene andere Ursachen in Betracht bis hin zu Symptomen ähnlich einer Demenz“, erklärt er. Gelegentlich ist ein Hund auch aufgrund eines Traumas oder einer inneren Erkrankung inkontinent, ergänzt Hölscher.

Wirklich vorbeugen lässt sich einer Inkontinenz kaum. Man vermutet, dass eine bestimmte Operationsmethode, bei der nur die Eierstöcke entfernt werden und die Gebärmutter im Hund bleibt, zu weniger kastrationsbedingtem Harnverlust führt, sagt Hölscher. „Doch hierzu gibt es bisher leider keine gesicherten Studien.“ Weil es in der Natur des Hundes liege, seinen eigenen Bereich nicht zu beschmutzen, leiden stubenreine Tiere auch psychisch unter ihrer Inkontinenz, sagt Lindner. „Weil sie feine Nasen haben, ist es für sie ein Graus, nach dem eigenen Urin zu stinken“, sagt Hölscher.

Im Umgang mit den Tieren rät Lindner Besitzern dazu, verständnisvoll zu reagieren. „Wichtig ist daran zu denken, dass der Hund das nicht absichtlich macht“, sagt sie. Keinesfalls dürfe der Hund fürs Urin verlieren bestraft werden, ergänzt Sondermann.

Meist lässt sich das unfreiwillige Wasserlassen behandeln. „Gegen die Inkontinenz kastrierter Hündinnen gibt es spezielle Tabletten, die täglich eingenommen in bis zu 80 Prozent der Fällen zu Symptomlosigkeit führen“, sagt Sondermann. Die Präparate erhöhen die Schließfähigkeit des Harnmuskels und sind nicht teuer, so dass sie sich fast jeder leisten kann, ergänzt Hölscher.

Ist eine Blasenentzündung der Grund für die Inkontinenz, kann diese häufig mit Antibiotika behandelt werden, erklärt Lindner. Und bei einer Nervenschädigung könne eine Operation nötig sein.

Für hartnäckige Fälle gibt es zusätzlich spezielle Höschen mit Slipeinlagen, die normalerweise für die Zeit der Läufigkeit der Hündin konzipiert sind, sagt der Tierarzt. Komplizierter sei die Sache bei Rüden: „Hier sind kreative Einzellösungen denkbar“, erklärt er. Im Einzelhandel gebe es Einmalwindeln, waschbare Varianten, speziell für Hündinnen oder für Rüden. „Die Inkontinenz sollte immer tierärztlich abgeklärt werden“, rät Sondermann. Denn auch ernsthafte Erkrankungen wie Diabetes, Bandscheibenvorfälle, Wirbelsäulenarthrosen oder Tumore können der Grund für die Blasenschwäche sein. Prinzipiell können alle Tierarten Inkontinenz zeigen.