Wetterextreme: Beiträge zur Wohngebäudeversicherung steigen weiter

Die Beiträge zur Wohngebäudeversicherung sind in den vergangenen Jahren gestiegen. Das wird wohl auch so weitergehen.

Beiträge und Leistungen in den Wohngebäudenversicherngen von 2000-2016.

Düsseldorf. Orkantief „Friederike“ hat auch an Häusern Spuren hinterlassen. Deshalb werden Hunderttausende Eigentümer in Deutschland derzeit ihre Wohngebäudeversicherung bemühen. Für diese muss ein großer Teil der Hausbesitzer seit Jahren tiefer in die Tasche greifen. Das belegen nicht nur Zahlen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (siehe Grafik), sondern zeigt auch eine Untersuchung der Stiftung Warentest aus dem Jahr 2015. Demnach haben die Preise innerhalb von zehn Jahren um mehr als die Hälfte zugelegt. Nach einem Aufruf zum Thema meldeten sich bei den Warentestern unzählige Leser, die von Tariferhöhungen berichteten. Seine Versicherung erhöhe um 20 Prozent, nachdem „ein Sturm drei Dachziegel heruntergeweht hat“, schrieb ein Mann.

Aber was ist der Grund für diesen Anstieg bei den Beiträgen? Fordert der Klimawandel mit einer zunehmenden Zahl von Wetterextremen seinen Tribut? Kathrin Jarosch, Sprecherin des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft, verneint das. „Bei der Wohngebäudeversicherung bleiben die Leitungswasserschäden der wesentliche Kostentreiber“, sagt sie. Gleichwohl schließe der Verband nicht aus, dass Naturkatastrophen künftig eine größere Rolle spielen könnten.

In den USA ist die Situation eindeutiger, auch wenn der amtierende Präsident Donald Trump den Klimawandel leugnet. 2016 verzeichnete das Land 47 Milliarden US-Dollar (34,5 Milliarden Euro) Schaden durch Extremwetter. Im gleichen Zeitraum entstand in Deutschland ein Schaden von vier Milliarden Euro. Die Klima-Fachleute des weltgrößten Rückversicherers Munich Re sehen in den Naturkatastrophen-Daten der vergangenen Jahrzehnte zwar keinen Beweis, aber doch starke Indizien für die Auswirkungen des Klimawandels.

Erst im August und September vergangenen Jahres wüteten mit „Harvey“, „Irma“ und „Maria“ extrem schwere Stürme in den USA und der Karibik. Neben unsäglichem menschlichem Leid brachten sie Schäden in Milliardenhöhe. Laut Munich Re kostet diese Hurrikan-Serie die Versicherungsbranche weltweit rund 135 Milliarden US-Dollar (86 Milliarden Euro) — Kosten, die die Konzerne an ihre Kunden weitergeben.

In den vergangenen zehn Jahren seien die Prämien landesweit durchschnittlich um 50 Prozent gestiegen, schreibt das US-Verbraucherportal Valuepenguin, auf das sich unter anderem die Tageszeitung „Washington Post“ regelmäßig bezieht. Demnach mussten Hausbesitzer 2016 im Durchschnitt 1083 US-Dollar (886 Euro) zahlen, um ihr Haus zu versichern. Laut einer Studie des Produkt- und Marktforschers Innorata lag der Durchschnittspreis für eine Wohngebäudeversicherung in Deutschland im Jahr 2016 bei 515 Euro.

Mit Blick auf Gebäudeversicherungen kann eine solche Durchschnittszahl allerdings nur eine grobe Orientierung bieten, denn unterschiedliche Faktoren bestimmen die Höhe der Prämie. So etwa Größe und Alter der Immobilie sowie die regionale Lage, woraus sich die sogenannte Gefahrenzone ergibt. Im Rheinischen Braunkohlerevier etwa gelten mögliche Bergbauschäden als Risikofaktor, der die Höhe des Beitrags beeinflusst. „Auch individuelle Vereinbarungen des Kunden, wie ein Selbstbehalt, spielen eine Rolle“, erklärt Jörg Linder, Pressesprecher der Aachen Münchener Versicherung. „Insofern haben durchschnittliche Zahlenangaben keine Aussagekraft“, sagt er.

Martin Creutz, Bereichsleiter „Wohnen“ beim Versicherer Provinzial Rheinland, schließt ebenfalls nicht aus, dass die Prämien in den kommenden Jahren steigen, wenn sich die Wetterextreme in Deutschland häufen. „Um dann im Sinne der Kunden leistungsfähig zu bleiben, wird auch eine Anpassung der Prämien sicher eine Handlungsoption sein.“ Der US-Markt sei mit dem in Europa und speziell in Deutschland aber nur sehr begrenzt vergleichbar.

Sabine Schaffrath, Pressesprecherin des Bereichs Sachversicherung und Schadenkommunikation bei Europas größtem Versicherer Allianz, sieht neben den Schäden durch Wetterextreme noch weitere Faktoren, die die Wohngebäudeversicherung in den vergangenen Jahren verteuert haben. „Auch veränderte Baumaßnahmen wie zum Beispiel die Dämmung und die Gebäudeausstattung, darunter etwa ausgebaute Kellerräume, Photovoltaikanlagen und Wellnessbäder, erhöhen den Schadenaufwand.“ Die Allianz werde für einige Kunden in diesem Jahr eine moderate Beitragserhöhung im einstelligen Prozentbereich vornehmen müssen. Dies gelte aber nur für einen Wohngebäudetarif, der 2012/2013 im Markt eingeführt wurde und dessen Beiträge in den letzten sechs Jahren nicht verändert wurden.