Bahntest: Der Frust und die Rechte der Fahrgäste
Berlin (dpa/tmn) - Schmutzige Toiletten und mangelhafte Infos bei Verspätungen sind für Fernreisende der Bahn die größten Ärgernisse. Das zeigt eine bundesweite Fahrgastbefragung. Reisende sollten daher wissen, welche Ansprüche sie bei Verspätungen geltend machen können.
67,2 Prozent der Fernzüge kommen pünktlich an - 32,8 Prozent waren bei der Ankunft sechs Minuten oder mehr verspätet. Das geht aus dem Bahntest des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) hervor. Dazu protokollierten die Teilnehmer 1400 Fahrten von April bis September. Die Deutsche Bahn veröffentlichte für April bis September monatliche Pünktlichkeitswerte zwischen 78,5 und 81,9 Prozent. Der VCD erklärte den Unterschied damit, dass die Bahn an jeder Station einer Fahrt die Pünktlichkeit messe. Der Verkehrsclub habe hingegen nur die Werte am Zielort des jeweiligen Fahrgastes in die Statistik aufgenommen.
Bei den Informationen über Verspätungen und andere Störungen sieht die Bahn selbst „einen Punkt, wo wir noch besser werden müssen“. Dies sei Teil der laufenden Service-Initiative, bei der auch mehr Personal eingesetzt werde. In der VCD-Studie erhielten die Auskünfte im Zug zu Abweichungen vom Fahrplan lediglich die Note 3,2.
Bahnfahrer haben ab einer Verspätung von einer Stunde in der Regel Anspruch auf eine Entschädigung. So ist es in den Fahrgastrechten der Deutschen Bahn geregelt. Kommt der Zug 60 Minuten oder mehr zu spät am Ziel an, erhalten Fahrgäste 25 Prozent des Ticketpreises zurück, ab 120 Minuten sind es 50 Prozent. Keine Entschädigung zahlt die Bahn jedoch, wenn sie keine Schuld an der Verspätung trägt und diese unvermeidlich war. Das ist zum Beispiel der Fall bei Unwettern, Streiks oder wie kürzlich bei den Brandanschlägen in Berlin.
Abweichende Verspätungs-Regelungen gibt es bei Zeitfahrkarten. Hier steht Fahrgästen zum Beispiel beim Schönes-Wochenende-Ticket oder den Ländertickets in der zweiten Klasse pauschal eine Entschädigung von 1,50 Euro zu. Allerdings wird erst eine Entschädigung ab 4 Euro ausgezahlt. Das heißt, dass Karteninhaber mehrere Verspätungen gesammelt einreichen müssen. Bei Zeitkarten im Fernverkehr zahlt die Bahn 5 Euro (7,50 Euro in der ersten Klasse), Inhaber der Bahncard 100 erhalten 10 Euro (15 Euro in der ersten Klasse). Der Sprinter-Aufpreis wird bereits ab 30 Minuten zurückerstattet.
Ist bereits bei Fahrtantritt zu erwarten, dass der Zug mit einer Verspätung von mehr als 60 Minuten am Zielbahnhof eintreffen wird, dürfen Bahnkunden von der Reise zurücktreten und sich den vollen Fahrpreis erstatten lassen.
Die Verspätung sollten sich Reisende entweder vom Zugbegleiter oder am „Service-Punkt“ im Bahnhof bestätigen lassen. Ein entsprechendes Formular ist bei den Zugbegleitern, an den Infoschaltern, im Reisezentrum oder im Internet unter www.bahn.de/fahrgastrechte erhältlich. Zusammen mit der Originalfahrkarte kann dieses innerhalb von zwölf Monaten entweder im Reisezentrum oder per Post an Servicecenter Fahrgastrechte, 60647 Frankfurt am Main eingereicht werden.
Weitere Ergebnisse des Bahntest sind:
Kompetenz und Freundlichkeit der Zugbegleiter wurden von den Fahrgästen im Durchschnitt mit der Schulnote 2,1 bewertet. Bei Ausstattung und Zustand der Züge erhielten die ICEs eine 2,2 und die Intercitys eine 2,7. Knapp 56 Prozent der Befragten gaben den Intercitys eine schlechtere Note als 2. Überraschend sei das nicht, denn im Durchschnitt seien die ICs und ECs 40 Jahre alt. „Die Bahn hat zu lange damit gewartet, neue Züge zu bestellen“, kritisierte VCD-Bahnexpertin Heidi Tischmann.
Die Bahn wies dies zurück. Im Frühjahr 2012 beginne die Modernisierung des Innenraums von rund 800 IC-Wagen. Ab Dezember 2013 sollen 27 Doppelstockwagen als IC eingesetzt werden, sagte eine Sprecherin. Und 2016 soll die neue Fernzugflotte ICx kommen - für den VCD viel zu spät. „Die Bahn ist auf Verschleiß gefahren“, sagte der VCD-Vorsitzende Michael Ziesak. Die Folgen hätten die Fahrgäste zu tragen.
Die Sauberkeit der Toiletten in Intercitys wurde mit 3,1 bewertet, die in ICEs mit 2,7. Tischmann verlangte, die WCs häufiger zu reinigen, auch während der Fahrt, und dafür mehr Personal einzusetzen. Ein Bahnsprecherin sagte, die Toiletten würden unterwegs bereits regelmäßig kontrolliert und gereinigt.