Beten vor dem Boarding - Viele Flughäfen haben Andachtsräume

Hamburg/Zürich (dpa/tmn) - Ist die Maschine schon weg oder kommt erst viel später? Auf Flughäfen geht es hektisch zu. Manche Passagiere schätzen dann einen Raum der Ruhe. Die einen beten dort, andere haben ganz weltliche Anliegen.

Manche heiraten sogar am Flughafen.

New York, Rio, Tokio - an den Flughäfen der Metropolen dieser Welt gibt es immer auch Räume der Stille. Manchmal heißen sie genauso, manchmal „Prayer Room“ oder „Kapelle“. Manche kommen nur dorthin, um zehn Minuten abseits des Flughafenwahnsinns ihre Ruhe zu haben, andere nehmen am Gottesdienst teil. Andachtsräume gibt es in den USA schon lange, aber auch in Europa immer öfter. Frankfurt am Main hatte den ersten in Deutschland. Städte wie München und Hamburg sind dem gefolgt.

Rolf Fuchs leitet die katholische Flughafenseelsorge in Frankfurt. Er arbeitet dort mit einer evangelischen Pastorin zusammen. „Außerdem gibt es Gebetsräume für Moslems, einen für Juden, und auch für orthodoxe Christen eine kleine Kapelle“, erzählt er. Allein 78 000 Angestellte gibt es am Flughafen, 150 000 Passagiere steigen jeden Tag in eine oder aus einer Maschine. Gründe, sich an die Seelsorger zu wenden, gibt es da viele.

Die ökumenische Kapelle ist 24 Stunden am Tag offen. In dem Buch, das dort ausliegt, tragen viele ihre Gedanken ein. Oft schreiben sie, dass sie es schätzen, einen Ort der Ruhe abseits der Flughafenhektik zu finden. Täglich gibt es einen Gottesdienst, am Wochenende auf Deutsch und Englisch. Die Teilnehmer sind sowohl Passagiere als auch Flughafenmitarbeiter.

Wie Rolf Fuchs hält es auch Claudio Cimaschi, Diakon der katholischen Kirche am Flughafen Zürich-Kloten: „Wir fragen nicht nach der Religion“, sagt er. Wer Hilfe braucht, bekommt sie. „Heute morgen hatte ich ein Gespräch mit einem Flugzeugmechaniker, der eine schwere Operation vor sich hat.“ Mit Passagieren hat Cimaschi vor allem dann intensiv zu tun, wenn etwas Schlimmes passiert ist: „Jeden Tag sind rund 100 000 Menschen bei uns am Flughafen, da gibt es pro Jahr fünf bis zehn Todesfälle“, erzählt der Diakon.

In den ökumenischen Andachtsraum auf dem Flughafen gehen viele auch dann, wenn der Pastoralreferent nicht dort ist: „Das sind zum Beispiel Menschen, die vor dem Abflug bewusst die Stille suchen. Es gibt Passagiere, die das jedes Mal machen.“ Andere laufen zufällig an dem Schild vorbei, das auf die Kapelle hinweist, gehen hinein und zünden eine Kerze an. „Vielleicht für einen kranken Verwandten.“

„Flughafenseelsorge gab es in den USA schon in den 1950er Jahren, die erste Kapelle entstand am Boston-Logan Airport“, erzählt Cimaschi, „und in den 60ern dann in Belgien und Großbritannien. Die Internationale Luftfahrtbehörde empfiehlt die Einrichtung von Prayer Facilities.“ Nicht immer haben sie einen Bezug zu einer bestimmten Religion. Der Flughafen in Amsterdam etwa hat ein Meditation Center, einen multireligiösen Raum, in dem Menschen nachdenken oder beten können. Religiöse Symbole fehlen, erklärt Marianne de Bie. Aber in einem Schrank stehen Bibeln, Koran- und Thora-Ausgaben und andere religiöse Werke in vielen Sprachen.

Am Flughafen Hamburg gibt es im Terminal 1 einen christlichen Andachtsraum - neben zwei muslimischen. „Praktisch Tür an Tür“, sagt Björn Kranefuß, der dort als evangelischer Pastor arbeitet, zusammen mit einem katholischen Kollegen. „Es gibt viele, die Angehörige, zum Beispiel ihre Kinder zum Flugzeug bringen und anschließend in den Andachtsraum gehen“, sagt Kranefuß. Gerade wenn diejenigen, die abfliegen, länger wegbleiben.

Wer das Gespräch mit den Seelsorgern sucht, hat oft ein Problem: „Dann erzählt man uns nicht nur, wo man im Urlaub war“, sagt Claudio Cimaschi. „Das sind oft Begegnungen, die viel Energie kosten, danach bin ich fix und fertig.“

Manchmal haben Flughafenseelsorger aber auch sehr angenehme Aufgaben: „Wir haben in unserer Kapelle schon Kinder getauft“, erzählt Cimaschi. „Und wir hatten sogar schon Hochzeiten, meistens von Flughafenmitarbeitern.“ Auch ein Vielfliegerpaar, das sich auf dem Flughafen kennengelernt hat, war schon dabei. Aber das soll die Ausnahme bleiben, betont der Diakon, der selbst auch verheiratet ist. „Wir sind ja keine Wedding-Chapel wie in Las Vegas.“

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