Entenhausen auf See: Auf Kreuzfahrt mit Micky Maus

Port Canaveral (dpa/tmn) - Auf Disney-Schiffen laufen Kreuzfahrten ein wenig anders ab. Morgens gibt es Fotos mit Prinzessinnen, abends eine Piratenparty, und dazwischen Zeichentrickfilme am Pool. Erwachsene finden in Edelrestaurants oder auf dem Sonnendeck ihre Ruhe.

Als die Raumschiff-Startrampen von Cape Canaveral an der Reling vorbeiziehen, watscheln Micky, Donald und Goofy auf die Bühne. Sie hopsen mit Minni und Daisy zwischen jungen Tänzern herum, und alle singen „Sailing away“. Vor ihnen wippen, fotografieren und filmen mehr als 3000 amerikanische Mütter, Väter, Omas, Opas und Kinder, manche haben sich Mäuseohren in die Haare gesteckt. Das Schiffshorn trötet „A dream is a wish your heart makes“, die Melodie aus dem Film „Cinderella“. Es ist der Auftakt zu einer Bahamas-Kreuzfahrt mit der „Disney Dream“. Vier Tage Entenhausen auf See.

Der Disney-Konzern hatte im Jahr 1998 angefangen, seine Themenparks aufs Meer zu bringen. Die „Dream“ ist das dritte von vier Schiffen der Disney Cruise Line, gebaut in der Meyer-Werft in Papenburg. „Alles, was wir machen, ist eine Show“, sagt Clayton Lyndsey, der stets unfassbar gut gelaunte Unterhaltungschef des 340 Meter langen Riesenpotts. Und die beginnt bereits morgens, beim täglichen Ritual im Atrium.

Unter dem Kristallleuchter, vor der Bronzestatue von Donald Duck als Admiral, stellen sich fünf junge Damen in wallenden Kleidern auf: Schneewittchen, Arielle, Belle, Tiana und Aurora, die Disney-Prinzessinnen. Hinter einem roten Absperrband warten Dutzende Familien darauf, sich mit ihnen fotografieren zu lassen. Wenn die Kinder an der Reihe sind, rennen sie auf die Prinzessinnen zu und umarmen sie.

Die Figuren und Geschichten aus dem Disney-Universum sind auf dem Schiff allgegenwärtig. An den Wänden hängen Zeichnungen von Dumbo, Donald und Co., auf der Videowand über den beiden Kinderpools laufen pausenlos Zeichentrickfilme, und abends gibt es Musicals wie „The Golden Mickeys“:

„Wenn das Schiff ausgebucht ist, sind 1500 bis 1800 Kinder an Bord“, sagt Taylor Jack. Die Kanadierin führt durch die diversen Clubs für Kinder und Jugendliche an Bord. Kinder von drei Monaten bis zu drei Jahren werden in der „Nursery“ betreut. Sie können spielen, in einem Ruhebereich schlafen und bekommen die Windeln gewechselt. Im „Oceaneer's Club“ toben sich die Drei- bis Zwölfjährigen aus.

Alle Kinder müssen hier Armbänder tragen, die einen Alarm auslösen, wenn eines den Bereich verlässt. Wenn die Eltern ein Kind abholen sollen, bekommen sie eine Textnachricht auf ihr Bordtelefon. Das Geschrei im „Oceaneer's Club“ ist ohrenbetäubend.

Aber es geht noch lauter, versichert Jack: bei den 11- bis 14-Jährigen. „Deshalb sind sie ganz oben, wo sie niemanden stören können.“ „Edge“ heißt ihr Bereich, in dem sie Videospiele auf der Leinwand spielen und abends ohne Eltern feiern können. Für die 14- bis 17-Jährigen schließlich ist das weitläufige „Vibe“ reserviert, gestaltet wie eine Lounge. Es gibt DJ-Unterricht, ein Kino, und einen Minipool neben einer Tanzfläche im Freien. Und in ihrem eigenen Spa bekommen Jugendliche Chocolate body wraps oder Icecream pedicure.

Am heißesten sind die Kinder - und manche Eltern - aber auf die Aqua Duck, eine 233 Meter lange Wasserrutsche. Mindestens 20 Minuten steht man an, dann geht es in einem Gummiring sitzend rasant abwärts und in einer Kurve über die Reling hinaus, bevor man gemächlicher in der Glasröhre einmal um das mittlere Sonnendeck herumplätschert. „Meine drei Kinder lieben die Aqua Duck“, sagt Jean-Marc Deonne aus Montreal. Er schätzt es, dass die Kreuzfahrt auf die Wünsche der Kinder zugeschnitten ist. „Aber dass ein Drittel des Sonnendecks für Erwachsene reserviert ist, ist verschwendeter Platz.“

Tatsächlich geht es hinter den Plexiglaswänden mit den „Ab 18“-Schildern ruhig zu. Viele Liegen sind leer, im kleinen Pool ist immer Platz. Um wirklich zu schwimmen, muss man aber auf den nächsten Tag warten, wenn das Schiff am Castaway Cay festmacht.

1984 wurde hier der Film „Splash“ mit Tom Hanks und Daryl Hannah gedreht. Zwölf Jahre später kaufte der Disney-Konzern die Insel und ließ sie umbauen, den Bedürfnissen amerikanischer Urlauber angleichen. Lange Felsbarrieren wurden aufgeschüttet, um die Wellen abzuhalten.

Im Meer wurden eine Micky-Staue und Schatztruhen versenkt, damit die Schnorchler etwas zu sehen haben. Und für die Kinder wurden zwei Pontons im Meer verankert, einer mit Klettergarten über dem Wasser, einer mit Rutsche. Ein Großteil der Insel blieb naturbelassen. Doch die Frage, ob man den Touristenbereich verlassen dürfe, verdutzt Pressesprecher Dave Coombs. Ja, aber warum sollte man? „Da draußen ist nur Wildnis.“

Ein Drittel der Passagiere reise ohne Kinder, sagt Dave Coombs, der Sprecher. „Wir haben eine Zunahme von Honeymoonern und Großeltern, die für ihren Hochzeitstag kommen“, erklärt Clayton, der Unterhaltungschef. Für sie haben die Planer großzügige Rückzugsräume reserviert. Zum Beispiel die „Skyline-Bar“. Sie soll den Luxus der Ozeandampfer vom Anfang des 20. Jahrhunderts simulieren.

Auch in die beiden Edelrestaurants werden nur Erwachsene eingelassen. Das „Palo“ serviert hervorragende norditalienische Küche, im „Remy“ speisen die Gäste französische Haute Cuisine. Dem Disney-Universum entflieht man aber auch hier nicht. Das „Remy“ ist benannt nach dem Helden des Films „Ratatouille“.

Der vorletzte Abend, Piratenparty. Im „Animator's Palate“, einem der drei Standardrestaurants, leuchten wechselnde Skizzen aus Disney-Piratenfilmen von den Wänden, die Filmmusik von „Fluch der Karibik“ dröhnt durch den Saal. Die Kellner begrüßen mit einem „Harrrr“, und die meisten Urlauber tragen Augenklappen oder Säbel. Die Gäste essen schnell, um rechtzeitig zu Party und Feuerwerk auf dem Pooldeck zu sein.

Captain Hook hat das Schiff gekapert, Clayton und die Offiziere zappeln geknebelt auf der Videowand. Nun müssen es Micky und Co. zurückerobern, durch Singen und Tanzen natürlich. Danach kämpft Jack Sparrow mit düsteren Piraten um einen goldenen Handschuh - bis schließlich die Raketen im Karibikhimmel explodieren. Die Show ist alles.