„Sabine“ mit Meerblick - Auf Kreuzfahrt mit Kindern
Warnemünde (dpa/tmn) - Kreuzfahrten sind nur etwas für ältere Semester? Von wegen! Immer mehr Familien mit Kindern entdecken die Urlaubsform für sich. Ein Selbstversuch auf der Ostsee.
Sarah (9 Monate) sitzt im Bällebad, Marie (zweieinhalb) hoppelt auf dem Hüpfesel durch den Raum. In diesem Moment ist viel vergessen: das Packen von vier Koffern - einen nur mit Babykost und Windeln - das Warten vor dem Kreuzfahrtterminal und die Zornattacke von Marie am Checkin-Schalter.
Zehn Tage dauert das Abenteuer Kreuzfahrt mit der Familie auf der Ostsee über Tallinn, St. Petersburg, Helsinki, Stockholm und Kopenhagen. Bevor das Schiff am Abend den Hafen von Warnemünde verlässt, steht die Sicherheitsübung an. Siebenmal kurz und ein langes Tuten aus dem Lautsprecher: Generalalarm! Marie findet es spannend, in die Rettungsweste gesteckt zu werden, Sarah weint, ihre Weste passt nicht richtig.
Weder Papa noch Mama können sie auf den Arm nehmen, weil diese selbst in ihren Westen stecken. Nach einer Viertelstunde ist es geschafft: Die Kinder dürfen ins Bett, Mama und Papa das Auslaufen aus dem Hafen an Deck genießen. Dank Bild-Babyphon, das es auf dem Schiff auszuleihen gibt, haben die Eltern immer alles im Blick, was in den Kinderbetten passiert. An diesem Abend ist schnell Ruhe. So gehen Mama und Papa in Ruhe Essen, genießen das Showprogramm an Bord und genehmigen sich an der Bar noch einen Cocktail.
Tag zwei an Bord: „Mama, gehen wir heute wieder ins Bällebad“, ist der erste Satz, den die Große um kurz nach 6.00 Uhr herausbringt. „Jetzt gehen wir erst einmal frühstücken“, antwortet die verschlafene Mama. Im Restaurant werden die Augen von Marie größer und größer: „Ich mag Cornflakes“, lautet die klare Ansage bei den Cornflakes, „Ich mag Brötchen“ wenig später vor den Brötchen, „Ich mag Ei“ bei den Eiern, „Ich mag Kuchen“ vor dem Kuchen und so weiter. Solch üppige Frühstücksbüfetts ist sie von zu Hause nicht gewohnt, wo es meist eine Scheibe Toastbrot und eine Tasse Milch tun muss.
Es ist ja auch verführerisch: Zwischen 6.30 und 10.30 Uhr gibt es in einem der Restaurants immer Frühstück, zwischen 12.00 und 14.30 Uhr Mittagessen, zwischen 15.30 und 17.00 Uhr Kaffee und Kuchen, ab 18.00 Uhr Abendessen, zur Not bis 24.00 Uhr. Nach dem ersten Tag kennt Marie den Weg von der Kabine in die diversen Restaurants schon schlafwandlerisch sicher.
Übertroffen wird das nur noch von den Ortskenntnissen in Sachen Kidsclub. Für die Kinderbetreuung sind zwar sowohl Maria als auch Sarah noch zu jung - doch Bällebad, Rutsche, Piratenschiff, Legosteine oder Karl-Josef, der Hüpfesel, sind sowieso viel besser als die Schiffsrallye, findet Marie.
Zum Mittagsschlaf geht es in die „Sabine“ - „Das heißt Kabine, Marie - „Ich gehe jetzt in die Sabine“, bleibt das Kind stur. Nur das Wetter spielt noch nicht mit: An Sonnenbaden an Deck ist nicht zu denken. Auch der nächste Morgen beginnt mit Regen - und 40 Grad - nein, nicht Lufttemperatur, sondern Fieber bei Sarah.
Rot glühen die Wangen, an einen Landgang in Tallinn ist nicht zu denken. So macht sich am Morgen Papa mit der Großen auf den Weg in die Stadt, am Nachmittag Mama. Sarah wird im Bordhospital untersucht: „Nichts Dramatisches, ein Infekt“, lautet die Diagnose.
Ab jetzt steht jeden Tag der nahezu gleiche Ablauf auf dem Programm: Aufstehen, Frühstücken, Landgang, Mittagsschlaf an Bord, Kidsclub, Abendessen, Schlafen. Nur die Städte wechseln: Gestern St. Petersburg, heute Helsinki, am nächsten Tag schon Stockholm.
Am Abend vorher hatten im Restaurant bei der Durchsage des Kapitäns noch alle gelacht: „Um 4.00 Uhr erreichen wir die Schären.“ „So früh ist doch niemand wach!“, hatte es vom Nachbartisch getönt. Oh, doch! Dank mehrmaliger Zeitverschiebung und Sonnenaufgang um kurz nach halb vier, sind beide Kinder Punkt vier wach. An der atemberaubenden Schärendurchfahrt haben sie allerdings wenig Interesse. „Wann gehen wir denn endlich zum Frühstück?“ „Das Restaurant macht erst in zweieinhalb Stunden auf!“ Punkt 6.30 Uhr stehen rund 20 Familien vor dem Restaurant - „Wie, ihr wart auch schon um vier wach?“
Stockholm entschädigt für das frühe Aufstehen. Da seit St. Peterburg die Sonne alle Wolken am Himmel verdrängt hat, strahlt die Stadt in allen Farben. Nicht anders am nächsten Tag Danzig und später Kopenhagen. Nach zehn Tagen ist am frühen Morgen wieder Warnemünde erreicht, ein letztes Mal Restaurant, ein letztes Mal Bällebad, ein letzte Mal die Tür der „Sabine“ - äh Kabine zuziehen.