Reise-Berichte British Virgin Islands: Von einer Trauminsel zur anderen

Auf einer Segeljacht zu den British Virgin Islands — ein ganz besonderes Erlebnis.

Foto: Britta Schmidt

Segeln beginnt, wenn der Motor ausgeschaltet wird und nur noch Wind und Wellen zu hören sind. Das Gefühl, mit einer Jacht durch türkisblaues Wasser zu gleiten, vorbei an Robinson-Crusoe-Inseln, kleinen Häfen und einsamen Buchten, weit weg von der Zivilisation, ist für viele Menschen ein Traum. Morgens aus der Kabine zu kommen und ins Karibische Meer zu springen, gehört dabei zu den Höhepunkten.

Kaum ein anderes Segelrevier eignet sich dafür besser als die British Virgin Islands, die auch Britische Jungferninseln genannte werden, und zu Großbritannien gehören. Obwohl dort die Queen das Sagen hat und Linksverkehr herrscht, sind die rund 60 Inseln amerikanisch geprägt. Bezahlt wird in US-Dollar.

Die Hauptinsel Tortula gilt als das Jachtcharter-Zentrum der Karibik. Nirgendwo sonst liegen mehr Motorboote und Segeljachten, die man mieten kann. Mit oder ohne Besatzung. Das Gebiet ist beliebt, weil es immer Wind gibt und Temperaturen zwischen 25 und 32 Grad. Außerdem liegen die einzelnen Inseln nicht weit auseinander, und es gibt viele sichere Ankerplätze. Das kommt besonders gut an bei Schönwetter-Seglern. Solche, die Segeln hauptsächlich als Fortbewegungsmittel von A nach B sehen. Ihnen gefällt das Gefühl von Weite und Freiheit mehr, als Geschwindigkeit.

„Wenn man richtig Gas gibt, ist man schnell daran vorbei“, sagt Vincent, seit 22 Jahren Skipper. Wir sind acht Passagiere, niemand kann segeln. Unser Boot ist ein Katamaran mit 52 Fuß (knapp 16 Meter) und mit allem erdenklichen Luxus ausgestattet: Klimaanlagen, Generator, Gasherd mit Backofen, Mikrowelle, Tiefkühltruhe, Weinklimaschrank, Hifi-Anlage und Flachbildschirme.

Unter Deck gibt es fünf Doppelkabinen, alle mit eigenem Bad. Vincent erklärt kurz, wie man die Fender positioniert, ein robuster Luftballon, der im Hafen zwischen Kaimauer und Schiffsrumpf steckt. Und wie man das Boot an einer Ankerboje vertäut. Das war es, mehr muss man nicht können, den Rest machen Skipper und Schiff.

Am ersten Tag starten wir am frühen Morgen und nehmen Kurs auf Norman Island. Eine unbewohnte Privatinsel, die man in einer halben Stunde erreicht hat. „Das reicht erst einmal für den Anfang“, sagt Vincent. Besonders das vorgelagerte Miniarchipel „The Indians“ gilt als Schnorchelparadies. Die meisten Urlauber kommen aber wegen „The Cave“. Das ist ein Höhlenlabyrinth, in das man hineinschwimmen kann. Einige Felsgebilde sind nach oben offen, Licht fällt hinein. Dort sieht man die Fische mit bloßem Auge.

Darüber hinaus gilt die Bucht als Party-Hotspot. Da wir lieber das Schlagen der Masten hören als Musik, ziehen wir vor Einbruch der Dunkelheit weiter. Und zwar nach Peter Island. Peter Island ist nur ein paar Seemeilen entfernt und ebenfalls in Privatbesitz. Auf der Insel, die von Atlantik, Karibischem Meer und dem Sir Francis Drake Kanal umgeben ist, gibt es nur ein Hotel: das Peter Island Resort & Spa.

Der Strand gehört zu den schönsten der Karibik: Die Form, die Farben, die Palmen, das Licht, die Stimmung, kurzum ein idealer Ort, um einen ganzen Tag lang die Seele baumeln zu lassen, sich an das karibische Klima zu gewöhnen und abends an der lauschigen Strandbar den ersten Painkiller zu trinken. Das ist so etwas wie das Nationalgetränk der British Virgin Islands, ein Cocktail aus Rum, Ananas, Orange und Kokos, gewürzt mit Muskatnuss.

Beseelt fallen wir an diesem Abend in unser schwimmendes Bett und versuchen, bei gefühlten 40 Grad unter Deck zu schlafen. Durch die geöffneten Luken weht auch nur heiße Luft. Ausgeschlafen am nächsten Morgen? Fehlanzeige. Das macht aber nichts. Vincent hat bereits Kaffee gekocht und ein Sprung ins glasklare, erfrischende Wasser tut das Übrige.

Die Segel sind bereits gesetzt. Das heutige Ziel gehört zu den Wahrzeichen der Inselgruppe. „The Bath“ auf Virgin Gorda. Dort bilden gewaltige Granitblöcke zum Meer hin offene Grotten. Das Wasser ist azurblau und schräg wachsende Palmen säumen den Strand. Eine Kulisse wie im Bilderbuch. Deshalb kommen auch regelmäßig Tageausflügler von den großen Kreuzfahrtschiffen dorthin.

Pamela, Seglerin aus Boston

An der Nordküste von Virgin Gorda reiht sich ein Traumstrand an den anderen. Und genau diese Flexibilität macht es so interessant, ein eigenes Boot zu chartern. Vor Einbruch der Dunkelheit sollte man im North Sound von Virgin Gorda eintreffen. Das ist einer der sichersten Naturhäfen in der Karibik und ein beliebter Segler-Treff mit vielen Ankerplätzen, Restaurants, Hotels und Geschäften. Dort treffen wir auf Jeff und Pamela aus Boston. Sie sind schon zum 20. Mal im Bitter End Yachtclub und haben gerade eine Treuemedaille erhalten.

„Wir sind schon kreuz und quer durch die Karibik gesegelt, aber die British Virgin Islands sind am schönsten“, erzählt Pamela. Vom Massentourismus bisher verschont und noch ursprünglich sei es hier, ergänzt Jeff. Aber das Highlight käme erst morgen: Anegada.

Auch unser nächstes Ziel heißt Anegada, das einzige Eiland der British Virgin Islands, das nicht vulkanischen Ursprungs ist. Anegada ist eine flache Koralleninsel, die das Karibik-Klischee perfekt bedient: Lange Sandstrände, Seen mit rosa Flamingos und eine Hand voll bunte Häuschen. Und zu allem Überfluss lebt in den vorgelagerten Korallenriffen auch noch eine besonders beliebte Langustenart, der Anegada-Lobster. Solche Paradiese entdeckt man am besten mit einem kleinen Boot. Die Autorin reiste mit Unterstützung der British Virgin Islands.