Die Bahn kassiert mehr und kommt später
Berlin (dpa) - Die Deutsche Bahn wirbt für sich als umweltfreundlicher Verkehrsträger. Am Sonntag werden die Preise wieder erhöht. Kritiker sagen, das müsste nicht sein, und klagen über geringe Zuverlässigkeit.
Am zweiten Advent ist es wieder soweit: Die Deutsche Bahn wechselt ihren Fahrplan und zugleich erhöht sie die Preise, wie fast in jedem Jahr. Das ärgert die Fahrgäste und Verbraucherschützer halten sie zumindest für überzogen. Zumal sich das Angebot ab Sonntag (9. Dezember) für die Kunden kaum verbessert, wenn das Staatsunternehmen im Durchschnitt 2,8 Prozent mehr für seine Fahrscheine verlangt. Die Bahn rechtfertigt das mit gestiegenen Strompreisen.
Der Konzern beziehe seinen Strom überwiegend direkt über Kraftwerke und nur zu einem kleineren Teil über die Leipziger Energiebörse EEX, sagt ein Sprecher. Die Bahn profitiere deshalb nicht von sinkenden Großhandelspreisen, wie das der Grünen-Verkehrspolitiker Anton Hofreiter behauptet hatte. Vielmehr orientierten sich die Bezugspreise an den Preisen für Kohle und Gas, aus denen der Strom erzeugt wird. Richtig sei, dass die Bahn als Strom-Großverbraucher von einem Teil der Abgaben befreit sei. An Öko- und Mineralölsteuer zahle die Bahn knapp 300 Millionen Euro pro Jahr.
Fest steht, dass sich Bahnfahren nach einem Umbau des Preissystems seit Ende 2003 um rund 35 Prozent verteuert hat, während die Verbraucherpreise - laut Index des Statistischen Bundesamtes - insgesamt nur um 16,3 Prozent stiegen. Umgerechnet sind das pro Jahr im Durchschnitt 3,4 Prozent Preisaufschlag für Bahntickets im Vergleich zu 1,7 Prozent Teuerungsrate. Die Deutsche Bahn macht eine andere Rechnung auf: Ihr Preisniveau sei 2003 um 12 Prozent gesenkt worden. Wenn man das berücksichtige, liege sie mit ihren Anhebungen nicht über der Inflationsrate.
„Die Qualität ist nicht so, als dass man eine Preiserhöhung rechtfertigen könnte“, sagt Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn. Er meint damit vor allem die vielen Zugverspätungen. Die jüngste Statistik der Bahn belegt das. Demnach waren im Oktober 27,4 Prozent der Fernzüge mit Verspätung unterwegs. Im März lag diese Quote noch bei 14,4 Prozent. „Solange die Bahn das nicht im Griff hat, kann sie nicht mehr Geld verlangen“, moniert Naumann. Sie solle wie zuletzt lieber noch mehr Fahrgäste gewinnen und so die Einnahmen erhöhen. Im ersten Halbjahr ist die Fahrgastzahl um vier Prozent gestiegen.
Der höchste Preis für eine Strecke im ICE steigt am Sonntag von 135 auf 139 Euro. Das betrifft etwa die Fahrt von Hamburg nach München. Die Strecke Stuttgart-München verteuert sich um einen Euro von 54 auf 55 Euro. Bahncards kosten durchschnittlich 2,4 Prozent mehr. Die Bahncard 25 gibt es dann für 60 Euro (bisher 59 Euro), die Bahncard 50 für 247 Euro (bisher 240 Euro). Neu: In 120 deutschen Städten können Bahncard-Inhaber mit dem öffentlichen Nahverkehr ohne Extra-Ticket zum Startbahnhof fahren. Bislang war das nur am Zielort möglich.
Zudem will die Bahn freitags und sonntags ein paar Züge mehr einsetzen. Davon sollen Wochenendpendler auf stark genutzten Verbindungen profitieren, etwa auf der Strecke Hamburg-Köln oder Köln-Hannover-Berlin. „Kleine punktuelle Entlastungen“, sagt Naumann dazu. Auf der Intercity-Linie Stuttgart-Köln-Hamburg setzt die Bahn die ersten von 770 Wagen ein, die bis 2014 eine neue Inneneinrichtung bekommen. Das ist kein Zufall: Seit Ende Juli pendelt der Bahnkonkurrent HKX zwischen Köln und Hamburg.
Nicht eingesetzt werden können acht nagelneue ICE von Siemens. Sie sind bei Testfahrten durchgefallen, die Software für die Zugsteuerung erwies sich als mangelhaft. Der Bahn fehlt deshalb im Fernverkehr eine Winterreserve. Sollten bei Schnee und Eis viele Züge ausfallen, hat sie kaum Ersatz. Im Schienennetz gibt es ab Sonntag zwei wesentliche Verbesserungen. Der Katzenbergtunnel südlich von Freiburg im Breisgau wird den grenzüberschreitenden Güterverkehr mit der Schweiz beschleunigen. Und zwischen Hildesheim und Braunschweig verschwindet ein 34 Kilometer langes eingleisiges Nadelöhr.