Interview: Thomas-Cook-Chef Dr. Peter Fankhauser
Thomas-Cook-Chef Dr. Peter Fankhauser: Warum immer mehr Ganzjahreskataloge auf den Markt kommen.
Düsseldorf. „Touristen dürfen nicht länger als Milchkühe missbraucht werden“ — sagt Dr. Peter Fankhauser (52), Chef der Thomas Cook AG mit den Reiseveranstaltern Neckermann, Thomas Cook, Öger.
Seit 1. November sind Sie auch Chef von Thomas Cook Großbritannien und Thomas Cook Kontinental-Europa mit Belgien, Holland, Polen, Ungarn, Tschechien, Russland geworden. Jetzt sind Sie für 7,5 Milliarden Euro Umsatz und 15 Millionen Gäste zuständig. Wie werden Sie die Position nutzen?
Fankhauser: Wir werden noch stärker als bisher Ländergrenzen übergreifende Produktkonzepte entwickeln und bei IT-Systemen enger zusammenarbeiten. Der Verwaltungsapparat muss noch leistungsfähiger werden, damit wir die Kosten senken und Reisen weiter günstig anbieten können.
Bei Stichworten wie Luftverkehrs- oder Bettensteuer sehen Sie rot. Warum? Die Kunden haben doch offenbar diese Abgaben geschluckt. Die Reiseaktivität ist nicht zurückgegangen.
Fankhauser: Tatsächlich weiß niemand, wie viele Reisen wegen der extra Belastungen unterblieben sind. Realistische Schätzungen der Fluggesellschaften gehen von zwei Millionen Passagieren weniger aus. Tatsache ist auch, dass Flüge wegen der Luftabgabe zu benachbarten ausländischen Airports verlagert wurden. Touristen dürfen nicht länger als Milchkühe missbraucht werden, sonst wird mit der Zukunft der gesamten Branche gespielt.
Bei vielen Reiseveranstaltern, auch bei Thomas Cook, steigen die Umsätze stärker als die Gästezahlen. Wieso?
Fankhauser: Die Umsätze steigen stärker, weil viele Kunden sich etwas mehr gönnen wollen und dafür auch etwas mehr ausgeben. Sie steigen aber auch, weil hier und da Kosten gestiegen sind, zum Beispiel beim Kerosin.
Vor 50 Jahren wurde Neckermann Reisen gegründet. Mit dem Slogan „Neckermann macht’s möglich“ wurde das Unternehmen zum Inbegriff für billigen Familienurlaub. Inzwischen hat sich Neckermann längst zu einem Qualitätsveranstalter entwickelt, mit dem man auch teure Reisen unternehmen kann. Jetzt führen Sie das Hotelkonzept „smartline“ („für den preisbewussten Urlauber“) ein. Kehrt man zur Erfolgsgeschichte der frühen Jahre zurück?
Fankhauser: Wir meinen, dass es möglich sein muss, einen Urlaub für Tagespreise von maximal 40 Euro für Vollpension zu bekommen, das heißt: eine Woche mit Flug für deutlich unter 500 Euro. Natürlich kann man dafür nicht jeden Schnickschnack erwarten. Im kommenden Jahr feiern wir das Neckermann-Jubiläum mit Preisen, die in ausgewählten Hotels bis zu 50 Prozent unter normal liegen und stark an die Preise vor 50 Jahren erinnern.
Vor zehn Jahren stand Thomas Cook finanziell nach eigenem Bekunden „am Abgrund“. Heute bezeichnen Sie sich als den profitabelsten und modernsten Großveranstalter. Wie haben Sie das erreicht?
Fankhauser: Wir haben ein striktes Kostenmanagement betrieben und an Produkt und Technik gearbeitet. So kommen maßgeschneiderte und kundenorientierte Angebote zustande.
Die Veranstalter wetteifern darin, den Buchungsbeginn immer mehr vorzuziehen und Ganzjahreskataloge herauszugeben. Woher kommt dieser Trend?
Fankhauser: Die Technik macht’s möglich. Reise-Angebote lassen sich heute schneller produzieren und schneller zum Verkauf anbieten. Wir können heute nicht mehr nur in den traditionellen Buchungszyklen von Winter und Sommer denken und handeln. Bei uns gibt es bereits Ganzjahreskataloge für Deutschland, USA, Indien, Kreuzfahrten und Wellness. Es wird weitere geben.
In ihren vergangenen elf Jahren bei Thomas Cook mussten Sie mit den Folgen des Anschlags auf das World Trade Center, mit dem Tsunami, mit dem Asche speienden Vulkan und der Revolution in Nordafrika zurande kommen. Was haben diese Ereignisse mit den Rettungs- und Evakuierungsmaßnahmen das Unternehmen gekostet?
Fankhauser: Im Einzelfall bis zu 25 Millionen Euro. Diesen Kosten steht gegenüber, dass wir unseren Kunden zeigen konnten, wie wichtig es ist, dass man mit einem seriösen Pauschalreiseveranstalter reist, der seine Kunden nicht im Regen stehen lässt.