Tanz um den Vulkan - Wanderträume auf den Kapverden
São Filipe (dpa/tmn) - Bizarre Vulkane, weiße Sandstrände und tropische Berglandschaften. Die Kapverdischen Inseln sind nicht nur ein Strand- und Badeparadies, sondern auch ein Geheimtipp für Wanderer.
Die winzig kleinen Lavabrocken knirschen unter den Wanderstiefeln. Steil führt der Weg zum Kapverden-Gipfel Pico Pequeno durch eine Vulkanlandschaft. Immer wieder bleibt Wanderführer Mike Zotter stehen, um auf bizarre Gesteinsformationen aufmerksam zu machen. Die Wandergruppe hört ihm gespannt zu. Nicht nur, weil er Interessantes zu berichten hat, sondern auch weil die Pause dadurch vielleicht etwas länger wird. Die Sonne brennt nämlich gnadenlos. Nach zwei Stunden ist der Kraterrand des Pico Pequeno, des „kleinen Gipfels“ erreicht. Die Gruppe ist froh, sich nicht für die Wanderung zum „großen Gipfel“ entschieden zu haben.
Auch die Aussicht vom Pico Pequeno ist atemberaubend. Der Blick geht in den Schlund, von dem aus sich die Lavamassen zuletzt 1995 den Weg in den großen Vulkankessel gesucht haben.
Eigentlich sind die Kapverden als Badeziel bekannt. Aber auch unter Wanderern gelten die 15 Inseln im Atlantik vor Afrika als Geheimtipp - „und Fogo als wahres Paradies“, sagt Mike. Neben den Vulkanbesteigungen gibt es im Norden der Insel herrliche Wanderwege durch Kaffee- und Bananenplantagen.
Nach einem strammen Marsch vorbei am Lavafeld ist endlich die Bar von Ramiro zwischen den Orten Portela und Bangeira erreicht. Er serviert frischen Ziegenkäse und den berühmten Fogo-Wein. Seine Bar ist nicht nur Treffpunkt der wenigen Wandertouristen und Vulkanfans, sondern auch der Einheimischen, die hier gerne abends einen Wein genießen. Währenddessen setzt sich Ramiro unter freiem Himmel auf einen kleinen Hocker und holt seine Gitarre heraus.
Am nächsten Tag geht es hinüber auf die Insel Santiago. Bereits 1462 ließen sich in Ribeira Grande die ersten portugiesischen Siedler nieder. Einst Inselhauptstadt bewahrt die Ortschaft immer noch ihren dörflichen Charakter. Auf einer Anhöhe steht die Ruine der 1556 errichteten Kathedrale. Sie diente zur Christianisierung der afrikanischen Sklaven. Denn für die Portugiesen war der Ort Drehscheibe für den Sklavenhandel zwischen Afrika und Amerika. Auf dem Zentralplatz erinnert heute noch der Pelourinho an die dunkle Vergangenheit: An dem Schandpfahl aus Marmor wurden Sklaven öffentlich ausgepeitscht.
Das zum Naturpark ernannte dahinter aufsteigende Gebirge ist zu einem der beliebtesten Wandergebiete auf Santiago geworden. Im von tiefen Schluchten zerschnittenen Gebirge finden sich zahlreiche Pflanzen- und Tierarten, die nur hier vorkommen. Über schmale Pfade führt der Weg zu Dörfern wie Espinho Branco, wo die letzten Rebelados abgeschottet vom Rest der Welt leben. Sie bauen Bananen, tropische Früchte und Zuckerrohr an oder leben vom Verkauf von Webarbeiten und Grogue-Schnaps.
Die größte Kapverden-Insel Santo Antão ist nur mit dem Boot von Mindelo aus erreichbar, da die zerklüftete Berglandschaft bisher den Bau eines Flughafens verhindert hat. Während Wanderer im Norden durch subtropische, schroffe Täler und Gebirgspässe wie dem Paúl-Tal laufen, präsentieren sich der Süden und Westen karg, trocken, aber nicht weniger interessant.
Besonders schön ist die Wanderung durch den Vulkankegel Cova de Paúl im grünen und fruchtbaren Bergland im Norden der Insel. Die steilen Felswände des Kraters sind von Pinien dicht bewachsen. Viele Touristen wandern noch bis zum 1585 Meter hohen Pico da Cruz, dem höchsten Berg im Nordosten der Insel. Über die Bergstraße geht es über den sogenannten Delgadim, den spektakulärsten Berggrat, in den äußersten Norden zum Fischerdorf Ponta do Sol weiter.
Eine der schönsten Wanderungen auf Santo Antão führt entlang der Steilküste bis nach Cruzinha da Garça. Auf einem alten, kunstvoll angelegten Pflasterweg zieht sich der Pfad steil an der Küste empor. Die Ausblicke auf die Steilküste laden immer wieder zu kleinen Pausen ein. Das Terrassendorf Fontainhas mit seinen bunt bemalten Häusern liegt malerisch auf einem Felsrücken. Unterhalb der Häuser ziehen sich die mit Bananen und Zuckerrohr bepflanzten Feldterrassen fast bis zur Bucht hinunter. Hier endet die gepflasterte Straße. Nach einem Felsgrat schlängelt sich der Serpentinenweg wieder nach unten bis zum Meer bei Corvo.
Wie zwischen Ponta do Sol und Cruzinha da Garça führen die Wanderwege auf Santo Antão häufig über gepflasterte Wege. So auch weiter im Süden in Ribeira das Patas. Eindrucksvoll schlängelt sich der Serpentinenweg die Felswand empor. Die 700 Höhenmeter haben es in sich, doch die Ausblicke ins Tal machen die Anstrengung vergessen. Neben den Landschaften auf den unzähligen Wanderwegen beeindruckt auf der Insel vor allem die Einsamkeit. Am Vulkan Coroa, mit 1982 Metern der höchste Berg der Insel, gibt es häufig keine anderen Wanderer, was bei fehlenden Wegemarkierungen und die Orientierung erschwerenden Passatwolken nicht immer beruhigt.