Abrissbirne statt Tafelsilber: Hotels der Schwarzwald-Hochstraße
Bühl (dpa/tmn) - Einst übernachteten hier Bundeskanzler und gekrönte Häupter - heute regieren Leerstand und Abrissbirne: Viele Nobelhotels an der Schwarzwaldhochstraße stehen vor dem Aus. Doch Touristen bietet die Region nun ganz andere Sehenswürdigkeiten.
Einst war es die Lieblingsresidenz von Bundeskanzler Konrad Adenauer. Doch das in die Jahre gekommene Hotel „Bühlerhöhe“ fristet seit etlichen Monaten ein trauriges Dasein - vom Glanz früherer Schlosshotel-Tage ist nicht mehr viel zu sehen. Anderen Nobelherbergen an der Schwarzwaldhochstraße von Freudenstadt nach Baden-Baden geht es nicht viel besser.
Im „Hotel Sand“ speiste einst Österreichs Kaiserin Sissi mit Erzherzogin Valerie, andere betuchte Gäste schnallten sich auf der Höhe die ersten Skier an oder machten Jagd auf Auerhühner. Doch das Hotel steht seit langem leer und ist neben der „Bühlerhöhe“ ein Beispiel für den Verfall der früheren Prachtbauten an der Schwarzwaldhochstraße. Wie es weitergeht, ist unklar.
Das Schicksal des ehemaligen „Hotel Hundseck“ ist bereits besiegelt. Im November rückten die Bagger an, um das denkmalgeschützte, zuletzt baufällige Gemäuer dem Erdboden gleichzumachen. Touristen stehen jetzt vor einer großen Brachfläche.
Dabei hatte das Ende des 19. Jahrhunderts errichtete „Hundseck“ lange durchgehalten: Noch Mitte der 1930er Jahre eleganter Treff der Gesellschaft und Wintersportzentrum des Bühler Höhengebiets, wurde es im Zweiten Weltkrieg für die Kinderlandverschickung genutzt, danach für französische Soldaten und bis 1982 als Kurklinik für Bergarbeiter aus dem Ruhrgebiet. Tagungs- oder Jugendhotel, Asylheim oder Residenz eines indischen Gurus - Pläne gab es für das „Hundseck“ einige. Besitzer auch. Die letzten ließen das Haus verfallen.
Droht dieses Schicksal nun auch „Bühlerhöhe“ und dem benachbarten „Hotel Plättig“? Beide wurden - wie das „Hundseck“ - von einem ausländischen Investor gekauft. Zwar gab es für das Schlosshotel immerhin Pläne. Doch aus der Neueröffnung im nächsten Jahr wird wohl nichts. Der neue ukrainische Eigentümer scheint das Interesse an der geschichtsträchtigen Immobilie verloren zu haben.
König Gast hat immer höhere Ansprüche, will aber immer weniger bezahlen. „Hoteliers müssen viel Geld in die Hand nehmen“, weiß der Inhaber vom „Hotel Schliffkopf“, Heiko Fahrner. „Und 14-Tage-Urlauber haben wir schon lange nicht mehr.“ Die meisten seiner vorwiegend baden-württembergischen Gäste bleiben im Schnitt nur zweieinhalb Tage. Auch, weil die heutigen Alpin-Skifahrer den schneesichereren Feldberg im Südschwarzwald oder die Alpen vorziehen.
Das Hotelsterben ist nach Ansicht des Rastatter Landrats Jürgen Bäuerle (CDU) aber keineswegs ein Zeichen für den Niedergang des Tourismus an der Schwarzwaldhochstraße. „Es gibt ein anderes Freizeitverhalten“, sagt er. Mit Wanderwegen, einem dichten Loipen- und Mountain-Bike-Netz oder Attraktionen wie dem Wildnis- oder Lotharpfad werden deshalb vor allem Tagestouristen angesprochen. Der beliebte Mummelsee ist ohnedies „Rummelsee“. Viele Reisebusse halten dort.
Ganz in der Nähe ist mit „Unterstmatt“ noch ein altes Hotel außer Betrieb. „Bis jetzt habe ich keinen Investor gefunden“, sagt Eigentümer Fahrner. Er hofft, dass die „Bühlerhöhe“ möglichst bald wieder aufmacht. „Wo viele Leute hingehen, kommen mehr“, meint er. Fahrner, dessen Familie seit 1932 auf dem Schliffkopf ist, freut sich daher, dass das ehemalige „Hotel Zuflucht“ zwischen Bad Peterstal und Kniebis als Anlaufpunkt für Wanderer des Westwegs wiederbelebt wurde.
Und vielleicht könnte dann das „Hotel Sand“ gerettet werden, „der letzte Zeitzeuge einer glanzvollen Zeit“, hofft der Durbacher Grundschul-Konrektor Marc Zöller. In den holzvertäfelten Stuben des „Sand“ könnte ein Schwarzwaldhochstraßen-Museum mit Infocenter eingerichtet werden, schlägt er vor. Mit einer Handvoll Unterstützer kämpft er seit Jahren für den Erhalt der Höhenhotels.