Die etwas andere Lodge der ehemaligen Straßenkinder
Arusha (dpa/tmn) - In Ngurdoto nahe des Arusha-Nationalparks in Tansania können Urlauber in einem besonderen Hotel schlafen. Die Mitarbeiter sind ehemalige Straßenkinder, die Einkünfte finanzieren ein Schul- und Ausbildungszentrum.
Doch Qualität und Service stimmen.
Baraka lächelt, als er die duftende Gemüsesuppe an den Tisch trägt. Mit einem schnellen Blick checkt der 18-Jährige, ob die Tischdekoration am richtigen Platz steht und die Kerzen trotz der abendlichen Brise nicht tropfen. „Guten Appetit“, wünscht er und zieht sich zu Lucas zurück, der an den Küchentresen gelehnt beobachtet, ob seine Suppe bei den Gästen gut ankommt. Die beiden jungen Männer arbeiten als Kellner und Koch in der Kiboko Lodge am Rand des tansanischen Arusha-Nationalparks, einem etwas anderen Hotel: Bis auf den Manager sind alle elf Angestellten ehemalige Straßenkinder.
Das Leben auf der Straße liegt für Lucas schon Jahre zurück. Er gehörte zu den ersten fünf Jungen, die 2003 in das Schul- und Ausbildungszentrum der Watoto-Foundation aufgenommen wurden. Der ehemalige Missionar Thomas Greeftmeier und der nach Tansania ausgewanderte niederländische Unternehmer Noud van Hout hatten das Projekt gegründet. Es sollte Straßenkindern eine Zukunft geben und sie dem oft tödlichen Kreislauf von Armut, Drogen und Kriminalität entreißen.
Thomas Greeftmeier sitzt an diesem Abend in der Lodge und lässt sich Suppe, Fleischklöße und Käsesoufflé schmecken. Vor drei Jahren musste der 77-Jährige Tansania wegen schwerer Gesundheitsprobleme verlassen, nun ist er zum ersten Mal zurück in dem Land, in dem er 28 Jahre lang lebte und in dem er sich längst mehr zu Hause fühlt als in den Niederlanden.
Seine Augen leuchten, als er Baraka beobachtet, der mit sicheren Bewegungen den Tisch abräumt. „Es tut gut zu sehen, wie sich die Jungs gemacht haben“, sagt er. „Nach so vielen Jahren sind sie ja doch wie eigene Kinder.“ Als „Baba“, Vater, reden die jungen Lodge-Mitarbeiter ihren einstigen Mentor an.
Alle von ihnen haben bei der Watoto-Foundation ihren Schulabschluss gemacht und nach Monaten voller Chaos auf der Straße wieder einen strukturierten Alltag gelernt. Viele ihrer Schicksalsgenossen haben in der Ausbildungswerkstatt eine Lehre als Tischler, Maurer, Elektriker oder Schweißer gemacht. Sie haben mit anderen Arbeitern die Betten gebaut, in denen die Gäste schlafen, und die Möbel im Safari-Stil in der Bar getischlert.
„Langfristig wollen wir unabhängig von Spenden sein und die Arbeit der Stiftung aus unseren eigenen Einnahmen finanzieren“, sagt van Hout. Im Oktober wurde die Lodge mit Blick auf den Mount Meru nach mehreren Monaten Probebetrieb offiziell eröffnet. In den Weihnachtsferien seien so gut wie alle 19 Zimmer ausgebucht, erzählt der 62-jährige van Hout. Natürlich müsse die Lodge am Rande eines Sumpfes, in dem sich auch Nilpferde tummeln, erst noch bekannt werden. „Aber örtliche Touranbieter kennen uns schon und bringen uns Gäste, wenn ihre üblichen Hotels ausgebucht sind.“
Auch etablierte Lodges verweisen schon mal an die Kiboko Lodge, wenn sie überbucht sind. Sie kennen die hohe Qualität der Mitarbeiter. Baraka, Lucas und die anderen haben ihr Handwerk mindestens 18 Monate lang gelernt. „Die Hotels nehmen unsere jungen Männer sehr gerne“, sagt van Hout - „vor allem, da sie ihnen in der Ausbildungszeit kein Gehalt zahlen müssen“. In dieser Zeit bekommen die Hotel-Lehrlinge lediglich einen Zuschuss der Stiftung.
Eine ganze Reihe der jungen Männer arbeitet inzwischen fest in Hotels in Arusha oder Umgebung. Manchen sind diese lieber als die Kiboko Lodge. „Hier wird immer betont, dass ich einmal ein Straßenkind war“, sagt einer von ihnen. „In dem Hotel, in dem ich meine Ausbildung gemacht habe, wusste kein Gast etwas von meiner Vergangenheit, und den Chef hat auch nur interessiert, dass ich einen guten Job mache.“