Ein Hauch von Malediven im Emirat: Auf Nurai Island können Besucher den Palmen beim Wachsen zuschauen Die Inseln vor Abu Dhabis Küste

Hamid darf sich nicht erinnern und zur Sicherheit will er es auch gar nicht. Ahmed schweigt wie ein Grab und lächelt dabei. Leila sagt kein Wort und tut es mit Charme – keine Namen, nichts über die Ereignisse: nichts über die beiden afrikanischen Präsidenten, die hier ein paar Tage in der größten Villa gemeinsam Urlaub gemacht, groß gefeiert und bestimmt auch über irgendetwas beraten haben.

Mit Palmen und Mangroven: 30 Gärtner kümmern sich darum, dass Nurai Island mehr und mehr ergrünt – am Strand und anderswo.

Foto: Helge Sobik

Ihr Feuerwerk war für niemanden zu übersehen, ihre Namen und Nationalitäten sollte keiner wissen.

Zwischendurch sind die beiden immer mal wieder mit dem Golf-Cart über die Sandwege zum Bootsanleger gefahren, haben mit der Shuttle-Yacht zum 20 Minuten entfernten Festland nach Abu Dhabi übergesetzt und sind in dunklen Limousinen verschwunden, um bald darauf auf ihre Ferieninsel im Persischen Golf zurückzukehren.

Hamid, Ahmed, Leila und all die anderen schweigen aus zwei Gründen: weil größte Diskretion ein kostbarer Luxus ist und es sich in einem Hotel dieser Klasse für jeden Mitarbeiter so gehört – vor allem auf einer Privatinsel. Und weil es auf Nurai Island normal ist, Gäste zu haben, die mindestens anderswo in der Welt prominent sind.

Auf den Inseln vor der Stadt
wachsen keine Pflanzen

Die meisten Eilande draußen im Golf vor der Emirate-Hauptstadt mit ihrer Wolkenkratzer-Skyline, ein paar Dutzend alles in allem, haben keine Landschaft. Es sind flache, fast platte Inselchen, die einfach nur unverhofft aus dem Wasser schauen. Sie müssen quasi ohne Natur auskommen, ohne Bewuchs. Außer ein Mangrovengürtel umgibt sie – auch das gibt es. Ansonsten unterscheiden sie sich nur in der Größe des Palastes, der darauf errichtet wurde.

Vor allem Einheimische aus der Oberschicht Abu Dhabis sind es, die dort ihre standesgemäßen Wochenendhäuser haben, mit der eigenen Yacht nach Feierabend herausfahren, mit Freunden am Privatstrand grillen oder einfach nur relaxen – weil immer ein leichter Wind weht und es angenehme drei, vier Grad kühler ist als drüben in der Stadt. Diese Inseln sind Sandbänke, kleine Parzellen aus Wüste im Meer. Gemeinsam haben sie, alle auch noch bei Flut aus dem Wasser herauszuragen. Und dass keiner einfach so anlanden darf.

Nurai ist die Ausnahme. Seit es dort ein Hotel gibt. An der schmalsten Stelle ist das Eiland, dessen Name sich vom arabischen Wort „Nur“ für „Licht“ ableitet, gerade mal 180 Meter breit, maximal ist es knapp über zwei Kilometer lang. Es gibt eine mit dicken Felsbrocken zum offenen Meer hin gegen die Wellen gesicherte Seeseite, eine stille weit geschwungene sichelförmige Strandbucht, von Palmen und Bougainvilleas gesäumte Sandwege, Rasenflächen, einen Garten. Wer her will, kann einen Tagespass für umgerechnet 185 Euro buchen, dessen Gegenwert vor Ort gegen Speisen oder Spa-Anwendungen verrechnet werden kann und der auf etwa drei Dutzend pro Tag limitiert ist. Es sind die, die einmal Einblick in diese Welt erhalten wollen, all das als kuriosen Ausflug mit Top-Verpflegung sehen – und sich die knapp 1000 Euro für die Übernachtung in einer Villa mit Privatpool dann doch lieber nicht leisten.

Für den passenden Soundtrack zum Strandtag sorgen derweil die Singvögel und die sanften Wellen. Auch zwei riesige Schwäne gibt es – die aber bleiben stumm, sind aus Hartplastik und lassen sich vom Wind als Schwimmspielzeug im Bootsformat über den großen Hauptpool zwischen Cocktail-Bar und Frühstücksterrasse schieben. Drei Bademeister aus Hikkaduwa auf Sri Lanka passen auf, dass sie nicht kentern – und auch sonst nichts Unvorhergesehenes geschieht.

Bis zu 1200 Quadratmeter
große Villen

Besitzer der Insel ist Scheich Mansour bin Zayed al-Nahjan, ein Bruder des Herrschers von Abu Dhabi. Die Idee aber, der sandigen Insel einen Malediven-Look zu verpassen, dort ein Hotel zu bauen und ein Ziel für betuchte Reisende daraus zu machen, hatte die einheimische Immobilienunternehmerin Nadia Zaal. Sie ahnte, dass es eine echte Herausforderung würde. Gut sieben Jahre nach dem ersten Spatenstich und eine knappe Milliarde Dollar an Investmentkosten später, ergrünt Nurai Island nun, hat Suiten mit eigenem Pool, dazu ein paar Villen von bis zu 1200 Quadratmetern Größe – und lockt jene beiden Präsidenten aus Afrika ebenso an wie die üblichen Verdächtigen, denen Freude an den abgelegenen Hideaways der obersten Fünftausend nachgesagt wird: Richard Branson war schon da, Lionel Richie ebenso. Nur, weil sie selbst kein Geheimnis daraus gemacht haben, ist es bekannt geworden.

Hamid, Ahmed, Leila und all die anderen hätten auch darüber geschwiegen – ebenso wie zu dem Gerücht, wonach Brad Pitt auf der Insel gewohnt haben soll, als er zu Dreharbeiten in Abu Dhabi war.

Die Ausgangslage ist besser als bei den Nachbarn in Dubai. Denn die mussten ihre Inseln erst aufschütten – mit aller Mühe, die das macht und allen Problemen, die es aufwirft. Diese hat Allah den Scheichs einfach so beschert, und allenfalls landete mal ein Fischer dort für einen Zwischenstopp an oder es kam jemand, um Schildkröten zu zählen. Ursprünglich waren allesamt unbewohnt, und die meisten Tage der Woche gilt das sogar noch heute. Zwischen den Inseln sind derweil Delfine unterwegs, tauchen und springen, wann immer ihnen der Sinn danach steht. Sie haben es besonders gut, sie kommen ohne Tagespass aus.

Auf Nurai kümmern sich derweil 30 Gärtner im Dauereinsatz darum, aus der Sandinsel von einst mit viel Geduld einen kleinen Dschungel zu machen. Einer von ihnen trägt diesen Morgen ein T-Shirt mit der Aufschrift „Dreambuilder“, auf Deutsch ungefähr „Traumverwirklicher“. Mit Süßwasserleitungen, 800 vom Festland herbeigeschafften Dattelpalmen und allerlei Kunstgriffen aus dem Gartenbau lässt sich so etwas Ähnliches wie die Optik eines Malediven-Inselchen verwirklichen.

Und mit jeder neuen Woche, mit jeder Gießkanne Süßwasser wird das Grün üppiger. Was für die wirklich Reichen, die wirklich Prominenten das wichtigere Argument als alle Farbe ist: dass sie vollkommen unter sich sind, von niemandem gesehen werden. Und dass Hamid, Ahmed, Leila und all die anderen nicht nur das Lächeln verinnerlicht haben – sondern auch die größte Diskretion.

Die Reise wurde unterstützt von Tourism and Culture Authority Abu Dhabi.