Gemäuer über Traumstränden: Unterwegs im Tayrona Nationalpark
Taganga (dpa/tmn) - Bis vor rund 400 Jahre lebten die Tayrona an der Karibikküste von Kolumbien. Die Spanier vertrieben sie. Besucher spüren heute in einem Nationalpark ihren Wurzeln nach - oder entspannen an Stränden wie aus dem Bilderbuch.
Die spanischen Eroberer konnten ihren Weg nicht verfehlen. Sie mussten nur der alten Indiotreppe durch den Dschungel folgen, um das Pueblito Chairama zu finden, die Stadt der Tayrona hoch über den Traumstränden, die dem Nationalpark an Kolumbiens Karibikküste seinen Namen gaben. Aber was heißt hier „nur“?
Seit mehr als zwei Stunden geht es bergauf. Die Hitze steht zwischen den Baumriesen, Lianen und Felsen, der Schweiß strömt. Alejandro scheint die Schinderei nichts auszumachen, „ich liebe es noch immer“, sagt er. Mehr als 200 Mal ist der bärtige Anthropologe in den vergangenen zwölf Jahren hinaufgestiegen zu den Überresten der Indiostadt, in der einst 4000 Tayrona gelebt haben sollen. Und als sich endlich der grüne Vorhang öffnet, versteht man seine Faszination.
Das Pueblito Chairama ist keine der spektakulären Andenfestungen, die man von den Inka aus Peru kennt. Es gibt keine Steinhäuser und keine Tempelpyramiden. Es ist die Atmosphäre, die diesen Ort besonders macht. Und die Ruhe. Nur eine Handvoll junger Rucksacktouristen sitzt zwischen den Dutzenden Steinringen. In den konzentrischen Ringen standen einst die Rundhäuser der Tayrona.
Die Tayrona lebten etwa von 300 bis 1600 nach Christus hier, erzählt Alejandro. Sie fischten im Meer, bauten Mais an, handelten mit Salz, Kartoffeln und Bohnen. 1525 stiegen die Spanier zum ersten Mal durch den Dschungel herauf und brannten die Hütten nieder. 100 Jahre kämpften die Tayrona, bauten ihre Stadt immer wieder auf - und mussten sich schließlich doch geschlagen geben.
An einem Opferplatz der Tayrona baden heute die Urlauber. La Piscina, der Swimmingpool, heißt die weite Sandbucht, über die sich Palmen beugen. Es ist einer der wenigen Strände im Tayrona Nationalpark, an dem die Besucher unbesorgt planschen können. Ein Halbkreis aus Felsen schirmt ihn von der starken Brandung ab.
Sie hat dem Bilderbuchstrand seinen wilden Charme bewahrt. Statt Sonnenschirmen und Liegen stecken Kokosnüsse und angespülte Astknäuel im Sand, an rundgewaschenen Felsen spritzt die Gischt empor. Es ist ein erhebender Anblick, besonders wenn frühmorgens die Sonne über den Felsen aufblitzt und alles golden erstrahlen lässt. Das Auge schlingt und schlingt und wird doch nicht satt. So viel Schönheit der Natur spricht sich natürlich herum, immer mehr Besucher kommen in den Nationalpark.
Man schaukelt in Hängematten, blickt über die sich verfärbende Karibik und kann nicht mehr nachvollziehen, warum die Spanier unbedingt die Berge hinaufklettern wollten.