Kleinwalsertal: Auszeit auf dem Weg zur Stille
Entspannen im Wintertraumland: Spaziergang mit einem Meditationstrainer.
Düsseldorf. Für andere Wanderer muss es ein seltsames Bild abgeben: Mit geschlossenen Augen steht eine Gruppe Menschen auf einem tief verschneiten Wanderweg. „Atmet tief ein, atmet tief aus“, sagt der Wander- und Meditationslehrer Thomas Schneider mit ruhiger, fast schon monotoner Stimme.
„Und mit jedem Atemzug nehmt Ihr einfach wahr, was um Euch herum geschieht. Die Geräusche, die Euch umgeben, die Stille, die hinter diesen Geräuschen liegt — steht ganz ruhig“. Zuerst blinzeln die Teilnehmer noch. Haben auch wirklich alle die Augen geschlossen? Doch dann lauschen sie nur noch Schneiders Stimme und fangen an, sich zu entspannen.
Die Wege zur Stille — wie Schneider seine Wanderungen nennt — sind Teil der Walser Auszeit, ein Angebot des Kleinwalsertals im österreichischen Bundesland Vorarlberg. Die Idee: „Runter vom Gas, tief durchatmen, die Augen für die unberührte Bergnatur öffnen“, erklärt Marketingleiterin Sandra Janser das Konzept.
Während der Wanderung laufen die Teilnehmer immer wieder allein, mit 20 bis 30 Meter Abstand voneinander. Es geht vorbei an alten Höfen, am rauschenden Aubach, im weißen Märchenwald knirscht der Schnee unter den Füßen. Jeder geht für sich, jeder in seinem eigenen Rhythmus. Zwischendrin baut Schneider, der einige Zeit in Indien und Tibet gelebt hat, immer wieder Meditationsübungen ein.
Nach zwei Stunden ist das Ziel erreicht, ein uriges Restaurant in Riezlern. Vor dem Essen schließen alle in einem Nebenraum noch einmal die Augen und machen Atemübungen. Die Muskeln sind angenehm warm, die Schultern ganz locker, der Kopf ist frei.
Schneider ist überzeugt, dass nichts entspannender wirkt als Meditation in Kombination mit Wandern. „Vielen sage ich, beweg Dich einfach oft in der Natur, und dann wird schon alles gut.“
Am nächsten Tag steht das Gottesackerplateau auf dem Programm. Das Plateau ist für die Walser noch immer ein Platz voller Sagen. Ein Bettler soll auf der einst grünen Alpe angehalten und um eine milde Gabe gebeten haben. Weil er von dem reichen Bauern unfreundlich abgewiesen wurde, soll er die Alpe verflucht haben. Ein Erdbeben verschlang die Wiesen, Sturm und Regen schwemmten Wald und Boden weg — nur das Gestein blieb übrig.
Mit dem Sessellift geht es nach oben. Der Ausblick auf den Hohen Ifen mit seinen 2230 Metern ist fantastisch. Wie ein Tafelberg thront er über dem Tal. Die Gruppe schnallt die Schneeschuhe an. Schon nach wenigen Metern bleiben Skifahrer, Snowboarder und die Hüttengaudi zurück. Die Eiskristalle glitzern in der Sonne. Unterwegs gibt es immer wieder atemberaubende Ausblicke: Ganz in der Ferne glänzt das Wasser des Bodensees. Beim Abstieg staubt der Pulverschnee auf. Übrigens sollten Touren auf dem Gottesacker wegen der gefährlichen Spalten im Boden nur mit einem ortskundigen Führer unternommen werden.
Am Abend geht es dick angezogen und in Decken gewickelt in den Pferdeschlitten von Peter Hammerer. Die Fahrt führt durch den verschneiten Wald. An einer Lichtung gibt es Glühwein. Die Sterne leuchten mit den Kutschlaternen um die Wette. Dazu kommt später noch das Abendessen: heiße Suppe, deftige österreichische Hausmannskost und zum Abschluss natürlich Kaiserschmarren. Entspannung pur — egal, ob dank Meditation oder wegen des guten Essens.