Oberlausitz: Sagenhaftes Sachsenland
Bautzen tritt aus dem Schatten seines zweifelhaften Ruhms – und überrascht.
Düsseldorf. Nach Bautzen reisen und staunen. Man kann es nicht anders sagen: Die Stadt verblüfft durch ihre Schönheit. Wer Bautzen als den Ort der übelsten Stasiknast-Vergangenheit in Erinnerung hat und deshalb erst gar nicht vorbeischauen mag, dem sei gesagt: Das zu zweifelhaftem Ruhm gekommene Gefängnis mitten in der Stadt ist mittlerweile eine Gedenkstätte und sollte unbedingt aufgesucht werden. Man wird erschüttert sein.
Aber Bautzen ist viel mehr. Heute besticht die mehr als 1000 Jahre alte Handelsstadt vor allem mit ihrer einzigartigen Altstadt. "Das Gelbe Elend hat uns als Stasi-Knast lange Zeit einen schlechten Ruf eingebracht. Aber mittlerweile hat es sich herumgesprochen, dass wir auch ein schönes Städtchen sind", sagt Manuela Böhm, Leiterin der Bautzener Tourist-Information.
An imposanten Bauwerken herrscht in Bautzen wahrlich kein Mangel. Die "türmereiche Hauptstadt der Oberlausitz" wird sie genannt, und man kann diesen Reichtum überall bewundern. "Den schönsten Blick auf die Altstadt hat man von der Friedensbrücke", weiß Manuela Böhm. Von dort aus schaut man nicht nur auf den Petri-Dom, sondern auch auf die alte Wasserkunst.
Da die Stadt hoch oben auf einem Granitfelsen errichtet wurde, kam es in vergangenen Zeiten in heißen Sommern oft zu Wasserknappheit. Bei Belagerungen war das kostbare Nass der vorbei fließenden Spree unerreichbar. Deshalb beschloss man in Friedenszeiten den Bau eines wehrhaften Turmes, genannt "Wasserkunst".
Ein Pumpsystem mit mächtigem Wasserrad konnte das kostbare Gut bis hoch in die Stadt befördern. Bei der feierlichen Eröffnung soll eine dicke Kröte das Fließen des Wassers verhindert haben. Das soll den Baumeister sogar vorübergehend ins Gefängnis gebracht haben. Wer in Geschichte und Geschichten stöbern will, kann die Stufen der Wasserkunst erklimmen und sich einen Rundblick aus der Höhe gönnen.
Am besten sei es, so wird Besuchern geraten, die "türmereiche Schöne" in einer lauen Sommernacht zu besuchen. Dann werden die Türme angeleuchtet und verbreiten eine märchenhafte Atmosphäre. Die verwinkelten Gassen der Altstadt zwischen der Alten Wasserkunst, der Ortenburg und dem Domstift können es durchaus aufnehmen mit der historischen Baukunst traditionsreicher Innenstädte.
Häuserfassaden aus dem Barock und der Renaissance locken jährlich zehntausende Touristen in die Stadt. Der Dom St.Petri darf beim Rundgang nicht fehlen. Man schaut nicht nur auf eine der wichtigsten Kirchenbauten Sachsens, sondern auf eine so genannte Simultankirche. Als Geburt der Reformationszeit um das Jahr 1524 wurde das Gotteshaus geteilt. Hier beteten die Katholiken, dort die Evangelischen. Eine größere Kirche dieser Art findet sich in Deutschland kaum.
Bleibt noch die Reichenstraße mit ihrem schiefen Turm, einem kleinen Bruder des weltberühmten Turms in Pisa. Kein Zweifel: Der Reichenturm ist schief. Ordentlich schief. "Er neigt sich um 1,44 Meter aus der Senkrechten", bestätigt auch der Stadtführer.
Obwohl es nur noch wenige Sorben in der Stadt gibt, hat man sich auch entschlossen, das Andenken an dieses kleinste slawische Volk zu wahren. Überall begegnet man den Hinweisschildern zweisprachig. Budysin heißt sie auch, die schöne Kreisstadt Bautzen, nicht weit entfernt vom Dreiländereck zu den Nachbarländern Tschechien und Polen.
Eine von vielen Sagen berichtet von einer reisenden, schwangeren Herzogin, die hier Halt machte und ihr Kind zur Welt gebracht haben soll. Der herbeieilende Gatte wird mit der Frage zitiert: "Bude syn?" - "Ist´s ein Sohn?"