Schneekanonen auf Dauer keine Waffe gegen Klimawandel

München (dpa) - Schlechte Nachrichten für Wintersportler und Tourismusorte: Es taut - nicht nur im Frühjahr. Der Klimawandel lässt in Bayerns Bergen die Schneefallgrenzen steigen. Eine Studie für den Alpenverein ergibt: Ein Aufrüsten mit Schneekanonen hilft auf lange Sicht fast nirgends.

Weiße Schneezungen in sattem Grün, darauf ein paar unermüdliche Skifahrer und Tourengeher - so endet derzeit die Saison in den Skigebieten. Auf den Pisten hält sich der Schnee, auch wenn der Lifte schon geschlossen haben - denn sie wurden den Winter über kräftig beschneit, damit der Schnee auch ganz sicher bis zum Saisonende reicht. Und so ist in vielen Skigebieten auf ein paar hundert Metern noch Winter, während rundherum die Blumen sprießen. Umweltschützer bezweifeln jedoch, dass Kunstschnee die bayerischen Skigebiete langfristig schneesicher machen kann.

Eine Studie im Auftrag des Deutschen Alpenvereins (DAV) kommt ähnlich wie frühere Prognosen zu dem Ergebnis: In den bayerischen Bergen werden die Skifahrer langfristig nur zwei schneesichere Gebiete ansteuern können: Die Pisten in Garmisch-Partenkirchen um die Zugspitze und in Oberdorf am Nebelhorn. Auch nach einer OECD-Studie wäre bei einer Erwärmung um vier Grad in Deutschland nur die Zugspitze schneesicher.

Der Gletscher an Deutschlands höchstem Berg dürfte dann geschmolzen sein, er könnte nach Prognosen schon in zwei Jahrzehnten ganz verschwinden. Die Bayerische Zugspitzbahn kämpft deshalb auch im Sommer um ihr Skigebiet. Mit weißen Planen deckten Helfer alljährlich ein paar Hundert Quadratmeter ab, um Eis und Schnee zu schützen. Ähnlich machen es österreichische Gletscherskigebiete. Zum Erhalt der vom Klimawandel bedrohten Gletscherwelt trägt das aber Experten zufolge nicht messbar bei - bestenfalls zum Erhalt des Skibetriebs.

Erstmals bezieht die neue DAV-Studie bei der Prognose für Bayerns Skigebiete die künstliche Beschneiung ein. Ergebnis: Kunstschnee - in Fachkreisen „technischer Schnee“ - kann manche Orte über Zwischenphasen retten. Bei einem Grad Erwärmung wären mit Kunstschnee noch 50 bis gut 70 Prozent der Skigebiete in Bayern schneesicher, ohne Kunstschnee nur gut 15 bis 20 Prozent. Aber bei vier Grad ist fast überall Schluss - da hilft auch die Schneekanonen-Artillerie nicht mehr.

Liftbetreiber sehen das anders. „Ich kann heute nicht aufhören zu investieren für eine Prognose, die vielleicht in 30 Jahren eintritt“, sagte Birgit Priesnitz, Geschäftsführerin des Verbandes deutscher Seilbahnen und Schlepplifte. „Es ist eine wirtschaftliche Entscheidung, weil es ganz klar ist, dass Beschneiung ganz wichtig ist für die Schneesicherheit.“ Und die wiederum ist wichtig, damit die Gäste kommen - die Konkurrenz in Österreich ist scharf, und die dortigen Gebiete sind gut ausgebaut. Laut Priesnitz werden in Bayern 16 Prozent der Pistenfläche beschneit, in Österreich 67 Prozent.

So hat Bayern in den vergangenen Jahren massiv aufgerüstet. Im Spitzing-Gebiet und seit dieser Saison auch am Brauneck gibt es neue Speicherseen. Am Sudelfeld wird über einen Teich noch erbittert gestritten. Umweltverbände haben vor einem Jahr dagegen eine Petition eingereicht. „Mit 250 Strom fressenden Schneekanonen und einem riesigen betonierten Beschneiungssee gegen den Klimawandel anzukämpfen, ist kontraproduktiv, sinnlos und in Zeiten der Energiewende inakzeptabel“, sagte damals der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Hubert Weiger.

Im Winter verschwinden die Speicherseen unter dem Schnee, im Sommer empfinden sie manche wie eine Wunde am Berg. „Er ist ja neu, das wird erst wieder grün“, sagt dazu Peter Lorenz über den neuen Teich am Brauneck. Er ist Geschäftsführer der Brauneck und Wallbergbahnen, der Alpenbahnen Spitzingsee und zweiter Vorsitzender des Deutschen Seilbahnverbands. Für Lorenz ist der neue Teich ein voller Erfolg. „Das hat uns gerade über das Tauwetter an Weihnachten sehr geholten.“ Über Weihachten machen manche Gebiete ein Viertel ihres Saisonumsatzes. Zu den Prognose sagt Lorenz: „Das ist für mich Kaffeesatzleserei.“ Und: „In der Zeit in der man die Anlagen abschreiben kann, kann man bestimmt gut Skifahren.“ Hanspeter Mair von der DAV-Geschäftsleitung fordert hingegen Nachhaltigkeit. „Wirtschaftliche Abschreibungszeiträume sind nicht das Maß aller Dinge.“