Mein Soundtrack für den Sommer: Deep Purple - Ein Urlaubssouvenir in Stein gemeißelt
„Deep Purple in Rock“ war meine erste selbst gekaufte Schallplatte. Genau 44 Jahre später saßen mir zwei der Helden meiner Jugend gegenüber.
Düsseldorf. Es war der Sommer 1973. Übergangsphase. Das Interesse an den Karl-May-LPs war geschwunden. Zum Geburtstag hatte mir meine Tante eine Single geschenkt, „Let it be“ von den Beatles. Im Radio teilten sich „Sweet“ und „Middle of the Road“ abwechselnd die Spitzenplätze der englischen Hitparade, die damals maßgeblich war. Längst war der Ehrgeiz da, das Land kennen zu lernen, aus dem eine große Band nach der anderen kam. Im Juli 1973 war es so weit, drei Wochen Eastbourne mit Sprachkurs. Unterbringung bei einer englischen Familie, ein Ausflug nach London. Ganz klar der Höhepunkt: Die erste selbst gekaufte Schallplatte — „Deep Purple in Rock“.
Bis dahin war meine Plattensammlung eine diffuse Mischung aus dem Ergebnis von Wunschzetteln und anderen gut gemeinten Geschenken, darunter eine Heino-LP mit dem Lied vom Westerwald. Auf den Ausflug nach London hatte ich mich schon lange gefreut. Drei Stunden „Freigang“ hatte die Gruppe, nachdem wir irgendwo in der Nähe der Carnaby Street aus dem Bus gelassen wurden.
Ich hatte einen Plan und steuerte umgehend das nächstre Schallplattengeschäft an, von denen es damals noch jede Menge gab. Das war in der ersten Etage, sehr gediegen, es lief keine Hintergrund-Musik. Dafür gab es einen langen, dunkelbraunen Holzschrank, auf dem Kopfhörer lagen. Probehören war damals üblich. Tatsächlich war ich lange unentschlossen, welche Band den Grundstein zu meiner eigenen Plattensammlung legen sollte. Am Ende war ich vom Cover fasziniert: Ritchie Blackmore, Ian Gillan, Jon Lord, Roger Glover und Ian Paice in Stein gemeißelt am Mount Rushmore. In Rock, was auf Englisch auch Fels bedeutet. Für 2,39 Pfund nahm ich das Album mit. Das Preisschild wurde niemals entfernt und klebte auf dem Cover, bis ich meine LP-Sammlung (dummerweise) aus Platzgründen abgab.
Unzählige Male drehten sich „Speed King“, „Child in Time“ oder „Flight of the Rat“ auf dem Plattenteller. Die epischen Soli von Blackmore prägten meinen Musik-Geschmack, Jon Lord ist für mich bis heute der einflussreichste Keyboarder der Rockgeschichte. Von Ian Gillan war ich nach meinem ersten Deep-Purple-Konzert ein bisschen enttäuscht. Die hohen Passagen von „Child in Time“ klingen live nicht annähernd so perfekt wie im Studio.
Später hatte ich die Chance, fast alle Helden meiner Jugend persönlich kennen zu lernen. Von Emerson, Lake & Palmer über Status Quo, die Simple Minds, Paul McCartney oder Cat Stevens. Ich habe Nena vom Rosenmontagswagen aus den Düsseldorfer Karneval erklärt und durfte Jule Neigel zur Dinner-Show begleiten. Nur die Chance, Deep Purple zu treffen, hat sich in all den Jahren nicht ergeben.
Bis zum März 2017. Vor ihrer Abschiedstour hat die Band noch einen Film gedreht. „Infinite“ heißt er und wurde in Düsseldorf uraufgeführt. Dazu waren Bassist Roger Glover und Drummer Ian Paice an den Rhein gekommen. Sie hielten Hof im Breidenbacher Hof und hatten Lust, mit einigen Journalisten zu plaudern. Die ganz große Chance, nach 44 Jahren die Band kennen zu lernen, deren Musik mich und damit vermutlich auch meinen späteren Lebensweg nachhaltig geprägt hat. Cool drauf waren die beiden. Mit einer Portion Altersweisheit von Menschen, die ihre Träume gelebt haben. Daran muss man eben glauben: in Rock, felsenfest.