70er Jahre: Das Jahrzehnt der Neubauten
In den 70ern gab es Kulturkämpfe ums Schauspielhaus und Joseph Beuys sowie spektakuläre Bauleistungen.
Düsseldorf. Ölkrise, Terrorismus und Fußball-WM: Was die Bundesrepublik in den 70er Jahren (neben Willy Brandts Ostpolitik) besonders erregte, spielte auch in Düsseldorf eine wichtige Rolle. So ist im Herbst 1973 die Innenstadt an vier Sonntagen praktisch autofrei, weil die Araber den Benzinhahn zudrehten. Fünf Jahre später zieht der „Deutsche Herbst“ an die Graf-Adolf-Straße, wo der Terrorist Willy Peter Stoll im September ’78 in einem Lokal von Polizisten erschossen wird. In den Tagen danach fahnden fast 1000 Polizeibeamte nach weiteren RAF-Mitgliedern und durchforsten ganze Straßenzüge in Pempelfort und Oberkassel. Und bei der WM 1974 war das Rheinstadion der Ort ganz besonderer Spiele.
Die turbulente Eröffnung des neuen Schauspielhauses, bei der es 1970 mächtig Theater in Form von Tumulten — Studenten beschimpften die Premierengäste als „Kapitalisten und Schweine“ — gab, läutete Jahre des kulturellen Protestes ein. Zwei Jahre später mobilisiert Akademie-Professor Joseph Beuys Kunststudenten gegen den Numerus clausus als Zulassungsbeschränkung, besetzt das Sekretariat und weicht auch vor der Polizei nicht zurück. Schließlich entlässt der damalige NRW-Wissenschaftsminister Johannes Rau Beuys.
Doch prägender als geistige Auseinandersetzung sind am wirtschaftlich immer mächtiger werdenden „Schreibtisch des Ruhrgebiets“ in den 70er-Jahren spektakuläre Bauprojekte. 1973 wird der erste Spatenstich für die U-Bahn gesetzt. Allerdings nicht mitten in der Stadt, sondern an der Fischerstraße, unter der sechsspurigen Autostraße entsteht in den nächsten Jahren der kurze erste Tunnel mit den Bahnhöfen Nord- und Klever Straße. Hier geht es nicht darum, ein Nadelöhr des Verkehrs zu beseitigen, sondern die nach Stockum umgezogene Messe besser anzubinden.
Für bundesweites Aufsehen sorgt dann im April 1976 eine ingenieurtechnische Sensation: Die Oberkasseler Brücke wird um genau 47,50 Meter rheinabwärts verschoben. Mehrere zehntausend Schaulustige strömten zu dem zweitägigen Spektakel am Rhein, auch wenn der Verschub natürlich mit bloßem Auge nicht zu verfolgen war.
1975 vergrößert Düsseldorf ein — bis dato — letztes Mal sein Stadtgebiet. Angermund und Wittlaer, Hubbelrath, Unterbach, Garath und Monheim-Baumberg (schon 1976 wieder ausgemeindet) werden eingemeindet. Und politisch ist die Stadt seit 1975 in zehn Stadtbezirke mit eigenen Bezirksvertretungen aufgeteilt. Lesen Sie morgen: Düsseldorf in den 80er-Jahren.