Die Freien Schwimmer kämpfen aus Tradition
Widerstände und das Einstehen für die eigenen Ideale sind der rote Faden in der Historie des ehemaligen Arbeitersportvereins.
Düsseldorf. Die „Freien Schwimmer“ wissen, was es bedeutet, für die eigenen Ideale einzustehen. Das lernen sie bereits zur Gründungsphase im zu Ende gehenden Kaiserreich, als den Arbeitersportlern aus Flingern keine Übungsstunden in städtischen Hallenbädern zur Verfügung gestellt werden.
Und das ändert sich auch in den folgenden fünf Jahrzehnten nicht. Immer wieder bekommen die Freien Schwimmer von Politik, Verbänden und anderen Klubs Steine in den Weg gelegt und müssen ums Überleben kämpfen. Wie ein roter Faden zieht sich das durch die 102-jährige Vereinsgeschichte.
Nun ist es wieder einmal so weit. Auch 2012 sind die Schwimmer vom Flinger Broich auf den Barrikaden, samt Unterschriftensammlung und Demo vor dem Rathaus. Dem Allwetterbad — „unsere Heimat“, wie die Vorsitzende Martina Steiner das alte Bad nennt — droht die Schließung. Zwar gehören Bad und Vereinshaus längst der Stadt, die rund 1700 Mitglieder haben aber bis heute eine sehr emotionale Bindung zu ihrer Anlage, die immer mehr war, als bloß ein Ort, um Sport zu treiben.
Als sie Anfang der 30er Jahre von den Mitgliedern in Eigenregie gebaut wird, ist die „Volkssportanlage“ vor allem ein Zufluchtsort für den tief im Arbeitermilieu Flingerns verwurzelten Verein. Der hat es sich auf die Fahnen geschrieben, eben nicht den Leistungsgedanken, sondern das Miteinander und die Völkerverständigung zu fördern. Deswegen nehmen die Freien Schwimmer nicht an den bürgerlichen Olympischen Spielen teil, sondern fahren 1931 zur Arbeiterolympiade nach Wien.
So geraten die kommunistisch geprägten Freien Schwimmer schnell ins Visier der Nazis und müssen einen eigenen Wachdienst abstellen, der Bad und Mitglieder vor dem SA-Terror und anderen braunen Schlägertrupps schützt. Als die NSDAP 1933 die Macht übernimmt, wird der Verein sofort verboten, sein Vermögen beschlagnahmt, das Archiv verbrannt und das Schwimmbecken in einen Schießstand umfunktioniert. Der Vorstand wird wegen „Gründung bolschewistischer Zellen“ verhaftet.
Obwohl es in all den Jahren einen „illegalen“ Vorstand gibt, wird der Klub erst nach dem Ende der Naziherrschaft wiederbelebt. Schon 1950 ist das Bad einsatzbereit. Wieder haben es die Mitglieder allein aufgebaut — ohne einen Pfennig aus der Stadtkasse. In nur zehn Jahren kämpft sich der Klub wieder nach oben, zählt 1500 Mitglieder, die fleißig internationale sowie Deutsche Meisterschaften und Rekorde sammeln. Alte Abteilungen werden wiederbelebt, neue gegründet — beispielsweise Handball, Tennis, Gymnastik und Fitness.
Obwohl sich der Verein nach dem Krieg von der ursprünglichen politischen Ausrichtung löst, bleibt die tiefe Bindung zur eigenen Geschichte und der Nachbarschaft. „Wir fühlen uns mit Flingern sehr verbunden“, sagt die Vorsitzende Steiner auch heute, die weiß, „wie wichtig wir für den Stadtteil sind“. Mehr als 200 Kinder aus der Nachbarschaft lernen jedes Jahr dort schwimmen. „Und viele ärmere Familien nutzen das Allwetterbad für den kleinen Sommerurlaub, den sie sich nicht leisten können“, sagt Steiner.
So würde die Schließung des Allwetterbads nicht nur die etwa 1400 Vereinsschwimmer sowie die Unterwasserrugby- und die Triathlonabteilung treffen, sondern vor allem den Stadtteil. Auch deswegen will Steiner weiterkämpfen. Tradition verpflichtet eben.