Am Küchentisch mit . . . Gertrud Peters empfängt im Hungerturm

Der Küchentisch ist ein Symbol für Kommunikation und Genuss. Die WZ nahm Platz bei Künstlern, die etwas zu erzählen haben. Heute: Gertrud Peters, Leiterin des KIT.

Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Kein Institutsleiter sitzt so nahe am Puls der Kunst wie die Leiterin des KIT, Gertrud Peters. Sie wohnt Eiskellerberg, direkt gegenüber der Kunstakademie, auf halbem Weg zwischen Kunstsammlung und Museum Kunstpalast. Der Straßenname verweist auf den historischen Eiskeller, der einst den Fürstenhof mit dem Treibeis aus dem Rhein versorgte. Dieser Eiskeller liegt in einer künstlich angelegten Bastion, die allerdings nur fünf Meter hoch ist. Peters lebt dort mit ihrem Mann, dem Fotografen Ivo Faber, und der Tochter Leonor, die Jura studiert.

Schon der erste Blick in die Wohn-, Ess- und Schlafräume verrät ein sehr kultiviertes Milieu. Wer sich jedoch dort aufhalten will, muss zuvor einige Strapazen auf sich nehmen. Vor allem braucht er eine starke Lunge, denn das Haus hat hohe Decken, und die Chefin des KIT wohnt im fünften Stockwerk.

„Das Haus gehörte immer Privatleuten, die auch heute noch sehr an der Geschichte des Gebäudes interessiert sind,“ sagt sie als Mieterin. Zu den ersten Bewohnern zählte anno 1896 Wilhelm Döringer, Professor für kirchliche Kunst an der Akademie. Professor Otto Pankok residierte 1952 hier. Zehn Jahre später kam Hannelore Köhler und blieb. Peters zog vor 23 Jahren ein. Einer der jüngsten Mieter ist Alex Wissel, Meisterschüler von Rita McBride.

„Ich bin mittendrin, aber auch hoch oben“, sagt Peters. Sie habe die Füchschen-Brauerei vor der Nase, die Weinbar und die Galerie Ringel zu Füßen und die Ratinger Straße um die Ecke. „Ich kann von meinem Fenster in die Akademie gucken und sehe bis zur Kuppel von K 21. Wenn die Bäume kahl sind, entdecke ich sogar das Schauspielhaus. Und unten auf der Straße treffe ich Studenten, Professoren und natürlich die Altstädter von der Ritterstraße und der Eiskellerstraße. Die grüßen mich aber auch jetzt noch nicht. Für die bin ich die Zugereiste.“

Sie liebt das Milieu: „Ich war seit jeher fasziniert von den Ateliers, ging ein und aus, suchte das Gespräch mit Künstlern. Das führte dazu, dass ich mein Studium in Bochum schleifen ließ.“ Bis die Künstlerin Katharina Fritsch sie im „Schlonz“ ansprach und ihr einen Job in der Kölner Galerie bei Johnen und Schöttle besorgte. Das war der Beginn ihrer Karriere: „Da waren sie alle zusammen, Andreas Gursky, Thomas Ruff, Katharina Fritsch, Jeff Wall. Ich habe dort gearbeitet und wahnsinnig viel für die Künstler getan“, erinnert sie sich.

Als die Sache mit der Kunst unter dem Tunnel spruchreif wurde, bewarb sie sich im Kulturdezernat, bekam lange keine Antwort, aber schließlich den Job. „Damals standen wir in einer Baugrube. Es regnete, wir stiegen über eine Leiter in ein dunkles Loch. Dann sah ich den Raum und dachte: Wahnsinn! Was man hier alles machen kann!“

Die künstlerische Leiterin hat sich wie eine Besessene in die Arbeit gekniet. Anfangs gab es noch nicht einmal eine Praktikantin, inzwischen wurde immerhin eine zweite feste Stelle geschaffen, die sich ein Techniker und eine Vermittlerin teilen. Die Kasse ist ausgesourct. Vier Ausstellungen mit Katalog gibt es im Jahr. Dafür stehen 140 000 Euro bereit, davon 30 000 Euro von der Kultur-Stiftung der Sparda-Bank West. Der Etat einschließlich Personalkosten liegt bei über einer halben Million Euro.

Die Arbeit mit jungen Künstlern ist nicht leichter geworden. Gertrud Peters erklärt: „Die Anspruchshaltung der Studenten ist groß. Die jungen Leute werden durch die Akademie, die Förderpreise von Stadt, Land und Privatfirmen anfangs stark unterstützt. Auch Galerien fördern, aber lassen auch wieder fallen. Wer nicht läuft, fliegt raus.“