Mit der Schere auf närrischer Krawattenjagd
An Altweiber übernehmen die Möhne das Regiment. Aber wie jeck ist Düsseldorf wirklich? Wir machten den Test.
Düsseldorf. Nichtsahnend verdrückt ein Mann mitten im Altweiber-Trubel in der Altstadt ein Würstchen. Doch was blitzt da unter der braunen Lederjacke hervor? Eine Krawatte — die muss ab! „Ich komme aus dem Büro, ich dachte, ich komme auch mit Schlips durch“, sagt Hennes Hochmann flehend. Gnadenlos zücken wir unsere Scheren.
In der Altstadt scheinen sich die übrigen Männer vorbereitet zu haben: keine Schlipse weit und breit. Stattdessen Krokodile, Arztkittel oder Ganzkörper-Gummianzüge. Eric Oehnichen hat sich jedoch eine Krawatte gebunden. „Die habe ich extra gekauft“, sagt er.
Das war ein leichtes Spiel — aber wie weit kommen wir abseits der Altstadt? Der japanische Geschäftsmann, der über die Königsallee eilt, schaut uns verschreckt an. „Bisher bin ich an diesem Tag immer im Büro geblieben“, gibt Takashi Nakagawa zu. Heute trieb ihn ein Termin vor die Tür.
Trotzdem, seine Krawatte sei zu teuer gewesen, sagt er und weicht einen Schritt zurück. „Warten Sie“, sagt er dann, greift in seine Tasche und zieht einen blau gestreiften Schlips heraus. „Das ist das erste Mal“, sagt er und lacht, während die Schere durch den Stoff gleitet.
Eine Abfuhr bekommen wir bei den großen Namen auf der Königsallee: Der Türsteher des Armani-Shops zögert, dreht seine Krawatte zwischen den Fingern. „Nein, lieber nicht“, sagt er. Bei Montblanc wird beim Anblick der Scheren abgewinkt: „Nein, nein!“ Im Modegeschäft Eickhoff gibt es nichts, was wir abschneiden könnten: „Wer trägt das noch? Krawatten sind nicht mehr modern“, erklärt der Verkäufer.
In Banken gehören sie aber doch zur Berufskleidung. Ein Paradies für Möhnen? Bei HSBC Trinkaus kommen wir nicht weiter als bis zu den Männern am Empfang. Beide tragen Krawatte, dran dürfen wir nicht. Die Deutsche Bank — geschmückt mit Luftballons — hat dagegen schon am Mittag den Feierabend eingeläutet.
Die Mitarbeiter der Stadtsparkasse sind im Dienst, aber auch dort gibt’s nichts zu holen: Die Herren tragen Arztkittel, die Damen Krankenschwestern-Kostüm. Ganz jeck geht’s bei der Commerzbank zu: Karnevalshits dröhnen durch die Kundenhalle, die Mitarbeiter sind als Panzerknacker verkleidet. Um Punkt 13 Uhr geht die Tür zu — und der Hahn vom Bierfass auf.
Weiter geht es zum Traditions-Hotel Breidenbacher Hof. Hier wird Brauchtum groß geschrieben. Doch Doorman Alexander Elsner wehrt ab: „Tut mir leid, das ist Dienstkleidung.“ Galeria Kaufhof ist die nächste Station. Doch wir kommen zu spät: Abgeschnittenes baumelt an jedem Männerhals. Unsere Ausbeute nach zwei Stunden: sechs Schlipse. Nicht überall gibt’s was zu holen — aber jeck sind die meisten.