Stunk: Ausverkauft und abgelacht

Unter dem Motto: „Wer bützt mich und wenn ja, wieviele“ erobert der alternative Karneval das Zakk.

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. „Hier kommt der Wahnsinn“, singen die beiden Blues Brothers gleich zu Anfang, doch statt des Wahnsinns betreten zwei Regierungsvertreter die Bühne. Die Sache sei ernst — sehr ernst, wahrscheinlich fällt Karneval sogar aus.

Kanzlerin Angela Merkel ist verschwunden. Auf ihrem Schreibtisch hat sie einen Zettel hinterlassen: „Bin weg“. Ist sie vielleicht sogar entführt worden? Der US-Geheimdienst NSA, der fast alles weiß, hat natürlich Informationen: Merkel sei in einer rheinischen Karnevalshochburg, wo sie sich mit einer Kontaktperson namens „Hoppeditz“ trifft, mit dem sie „bützen“ und „Stippeföttche machen“ will. Die Entschlüsselungsexperten von der NSA rätseln noch, was damit gemeint sein könnte.

Der Wahnsinn lässt also wirklich nicht lange auf sich warten bei „Stunk“ im Zakk, dem alternativen Karnevalsformat. Kein Verein, keine Orden, kein Prinz und keine Venetia, dafür eine witzige Rahmenhandlung, viele Solo-Sketche und bekannte, live eingespielte Popsongs mit individuell „verbesserten“ Texten.

Zur Melodie von „Altes Fieber“ wirft zum Beispiel ein karnevalistischer Wutbürger die Frage auf, warum man eigentlich in Düsseldorf fast nur kölsche Karnevalshits zu hören bekommt. „Und immer wieder hören wir nur kölsche Lieder. Die Karawane, die zieht nie vorbei“, singt er. Enmol Prinz zo sin, Viva Colonia, dat Wasser vun Kölle es jot — es reicht. Oh la la, hier will niemand mehr eine Pizza.

Zu den Klassikern bei „Stunk“ gehören Figuren wie „dat Rosi“ und „Heinz, der Alleinunterhalter“. Heinz, der selbst ernannte „Spaßpastor vom Niederrhein“, lebt das Motto: „Bin ich nicht dein Typ, brauchst du halt Fantasie!“ Nachdem er den halben Saal angegraben hat, erzählt er von seinem letzten Engagement.

Leider hat er den Auftritt im Swinger-Club, für den er gebucht wurde, für ein Jazz-Konzert gehalten. Kaum angekommen, macht er eine Entdeckung: „Die sind ja alle nackisch hier!“ Natürlich macht Heinz das Beste aus der Situation — was bietet sich da mehr an als eine Nudisten-Polonaise?

Mit den Prolls der Republik auf Augenhöhe ist „Dat Rosi“. Sie ist schon voll im WM-Fieber, besser gesagt: ihr Mann, der „Mampfred“. Der hat für seine eigene Public Viewing Arena schon das halbe Wohnzimmer in den Garten runtergeschleppt. Leider hat er dann auch noch den großen Müllcontainer vom Aldi-Parkplatz geklaut, aufgeflext und bis zum Rand mit Kohle gefüllt. Wer Fußball guckt, muss auch grillen.

Zum Glück stehen auf der Bühne im ausverkauften Zakk zwei Drehtüren, so dass sich die Sketche nicht in die Quere kommen, sondern nahtlos ineinander übergehen. Besonders nach der Pause, mit Beginn des sozialkritischeren Teils von „Stunk“, kommen die Flügeltüren kaum noch zum Stehen.

Mit reichlich Lokalkolorit versehen und auch sonst deutlich überschminkt: Society-Lady „Uta Pohoven“ nebst Tochter „Tiara“, die sich über erbarmungslosen Sozialneid Gedanken machen. „Dabei geht es uns doch auch nur wie dem armen Uli Hoeness. Wir sind doch nur reich aus reiner Nächstenliebe.“

Gegen Ende drei kurzweiliger Stunden wird die alles überstrahlende Frage geklärt: „Wo ist Mutti?“ Also, die Kanzlerin natürlich. Sie ist die ganze Zeit unter uns gewesen. Saß in der letzten Reihe, als Obelix verkleidet. Rein beruflich, versteht sich, aus Recherchegründen. Sie wollte das Geheimnis ergründen, weshalb Düsseldorf die einzige verbliebene CDU-Hochburg unter den Großstädten ist.

Damit sie die Sozis in der Regierung wieder loswerden kann. Für „Stunk“ 2014 gibt es danach wieder mal sehr viel verdienten Jubel und sogar Standing Ovations.