U-Bahnprojekte: Eine Geschichte mit Pech und Pannen

Eine Ost−West−Strecke quer durch die ganze Stadt und ein Tunnel unter dem Nordpark: Lange hat die Stadt von viel U−Bahn geträumt. Jetzt ist der Traum aus.

Düsseldorf. "Viel geplant, fast alles für die Katz. Die Bilanz zu zwei Vorzeigeprojekten, die für Düsseldorf hochwichtig sind, ist eine Geschichte des Versagens." So kommentierte die WZ das Planungswirrwarr um die Wehrhahnlinie und die Messeumfahrung U 80 am 1. April 2000. Kein Aprilscherz: Mehr als drei Jahre später könnte diese Aussage genauso wieder in einem Kommentar stehen. Die Geschichte der großen Düsseldorfer U−Bahnprojekte sie ist eine Geschichte voller Pleiten, Pech und Pannen. Die Wehrhahnlinie Pläne für eine Ost−West−U−Bahn gibt es schon seit Jahrzehnten. Mal waren sie mehr, mal weniger konkret. Das ändert sich im Sommer 1999. Kurz vor der Kommunalwahl entdeckt die SPD im Stadtrat unter Oberbürgermeisterin Marlies Smeets die Wehrhahnlinie als Wahlkampfthema. Eine Vereinbarung mit dem grünen Koalitionspartner, eine solche U−Bahn nicht zu bauen, wird kurzerhand für nichtig erklärt. Am 19. August 1999 fassen SPD und CDU im Rat einen Grundsatzbeschluss für die neue Linie. Auftakt für langes Gezerre um Länge, Aussehen und Preis der Tunnelröhre: Problematisch ist zunächst, welcher Finanzbedarf überhaupt beim Land angemeldet werden soll. Klar ist: Ohne Landeszuschüsse geht gar nichts. Die rot−grüne Landesregierung steht dem Projekt skeptisch gegenüber. Die Stadt kann deshalb nur die Kernstrecke (Wehrhahn bis Bilk) anmelden. Als Kosten werden rund 327 Millionen Euro genannt. Jedoch: Diese Summe hat "keinen kalkulatorischen Hintergrund", wie Verkehrsdezernent Werner Leonhardt im Nachhinein zugibt. Hätte die Stadt mehr beantragt, so Leonhardt im Frühjahr 2003, "dann hätte es eine Aufnahme in den ÖPNV−Ausbauplan mit Sicherheit nicht gegeben". Während das Land also von Anfang an auf die Bremse tritt, geben Leonhardt und sein Chef, Oberbürgermeister Joachim Erwin, dennoch Gas: Im November 2000 zeigt sich der Dezernent gegenüber der WZ sicher, "dass das Land das komplette Projekt bezuschusst" gemeint ist damit die lange Variante von der Mecum bis zur Schlüterstraße. Man hofft darauf, dass andere Städte Geld für Projekte beantragen, die letztlich doch nicht gebaut werden (die so genannten Ausgabereste) und dass Düsseldorf von diesem Geld etwas für die Verlängerung der Wehrhahnlinie bekommen könnte. Nicht nur die Grünen und die Düsseldorfer Abteilung des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) warnen davor, mit Geld zu rechnen, das noch niemand bewilligt hat, sogar Landtagsmitglied Heinz Hardt (CDU) gibt auch mit Hinblick auf die U 80 zu bedenken: Die Zeit für "Vergoldungen" sei vorbei. xae Auch als die Landesregierung Anfang 2001 beschließt, die Wehrhahnlinie zu fördern, ist von der langen Variante nicht die Rede. Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Peter Eichenseher, berichtet aus den Verhandlungen seiner Partei mit der Landes−SPD: "Ausdrücklich soll das (gemeint ist die Kernstrecke) keine erste Ausbaustufe sein, sondern ein reduziertes Konzept, das den Endausbau darstellen soll." Doch auch diese Botschaft führt bei der Stadt nicht zu einem Kurswechsel. Am 14. Dezember 2001 überraschen Erwin und Leonhardt mit einer neuen Variante: Die Stadt will 86 Millionen Euro einsparen unter anderem durch den umstrittenen Wegfall des Bahnhofs Jacobistraße. Die Argumentation: Mit dem eingesparten Geld lässt sich der Süd−Ast (Bilker Bahnhof bis Moorenplatz) zumindest teilweise finanzieren, den Rest werde das Land bestimmt oben drauflegen. Die erste Ernüchterung folgt, als die Stadt zum ersten Mal konkret ausrechnet, wie viel Geld die komplette Wehrhahnlinie kosten würde. Das Ergebnis wird am 24. März 2003 präsentiert und ist ein Schock: Trotz der Einsparungen 16 Monate zuvor (Bahnhof Jacobistraße) würde der Tunnel mit allem Drum und Dran fast eine Milliarde Euro kosten. In den Haushaltsplan der Stadt sind aber nur rund 650 Millionen Euro eingestellt worden und beim Land immer noch nur 327 Millionen Euro angemeldet. Folge: Die Stadt dampft die Linie nun auf 650 Millionen Euro ein. Unter anderem entfällt der Ost−Ast (Wehrhahn bis Schlüterstraße) er allein hätte rund eine Viertelmillion Euro gekostet. Im Sommer verdichten sich die Hinweise, dass auch diese Planung hinfällig ist. Am 21. Juni 2003 berichtet die WZ, dass der Verkehrsminister einen teuren U−Bahnbau für "mittelfristig nicht darstellbar" hält. Am 29. Juli 2003 beschließt der Verkehrsausschuss auf Druck des Landes, nur die Kernstrecke der Wehrhahnlinie für 327 Millionen Euro zu bauen. Wäre die Stadt von ihrer Planung nicht abgerückt, wäre das Projekt tot gewesen. Welche Qualitätsverluste nun in Kauf genommen werden müssen, ist bis heute unklar. Leonhardt im Ausschuss: "Es werden weitere Einschnitte folgen." Sogar der Wegfall ganzer Bahnhöfe könnte nötig werden. Die Messeumfahrung Nicht viel besser sieht es mit der Messeumfahrung U 80 aus: Der schon von Rot−Grün beschlossene Plan für eine oberirdische Strecke wird von der neuen CDU/FDP−Ratsmehrheit nach der Kommunalwahl 1999 gekippt. Favorisiert wird nun die unterirdische Variante. Hinter den Kulissen wird ein Kompromiss ausgehandelt: Das Land bezuschusst 90 Prozent der Summe, die eine überirdische Lösung gekostet hätte. Die zusätzlichen Kosten für die Tunnellösung muss die Stadt alleine drauf legen. Die Rede ist von Gesamtkosten in Höhe von 89,5 Millionen Euro, wovon das Land rund 45 Millionen Euro schultern soll. Wieder folgt das böse Erwachen in zwei Schritten: Am 13. Mai 2003 müssen die Kosten wie bei der Wehrhahnlinie nach oben korrigiert werden. Mittlerweile rechnet die Stadt mit Kosten in Höhe von 108 Millionen Euro. Im Juli 2003 kommt raus: Das Land will von dem Handel nichts mehr wissen. Es könne kein Zuschuss für eine überirdische Strecke gewährt werden, wenn ein Tunnel gebaut werden soll. Weil die Stadt keine schriftliche Bestätigung der bisherigen Absprache hat, kann sie auch nichts reklamieren. Erwin gibt sich trotzig: Düsseldorf könne die U−Bahn auch ohne Landesmittel bauen. Das sieht die FDP anders. Sie will ihre Zustimmung zum Tunnel nur geben, wenn es eine schriftliche Zusage des Landes über die Zuschüsse gibt. Nun ist das ganze Thema vertagt Ende offen. "Viel geplant, fast alles für die Katz."