Chef einer Berufsfeuerwehr: Ruhestand und doch nicht weg

Josef Dohmen verabschiedet sich von seinem Amt als Chef der Berufsfeuerwehr Krefeld. Doch der 60-Jährige will nicht nur den Neubau der Wache weiter begleiten.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Josef Dohmen hat einen Job mit Seltenheitswert: Er ist Chef einer Berufsfeuerwehr. Das gibt es nur 107-mal in Deutschland. Doch in wenigen Tagen ist Schluss für ihn: Ruhestand. Als einer der jüngsten Berufsfeuerwehrchefs hat Dohmen, der am Donnerstag 60 Jahre alt wird, einst begonnen. Und verlässt mitten in seinem wohl wichtigsten Projekt — dem Bau der Hauptfeuer- und Rettungswache — die Kommandobrücke. Aber mittendrin aufhören, ist nicht Dohmens Ding. So, wie er die Geschäfte ordnungsgemäß seinem Nachfolger Dietmar Meißner übergeben wird, begleitet er daher auch den Bau noch: „Ich wirke weiter in der Projektgruppe mit.“

Dass er einmal an der Spitze einer Großstadt-Feuerwehr stehen würde, das hatte sich der junge Josef Dohmen nicht ausgemalt, als er — dem Beispiel des Vaters folgend — 1971 Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr in Kaldenkirchen wurde und Elektrotechnik studierte. Zunächst hatte er überlegt, Berufsschullehrer zu werden. Mit dem Examen in der Tasche bewarb er sich aber für den gehobenen Beamtendienst bei Berufsfeuerwehren in der Region. „Krefeld, Mönchengladbach und Düsseldorf. Die Krefelder haben sich am schnellsten gemeldet“, erinnert er sich im WZ-Gespräch. So begann er als junger Brandoberinspektor, fuhr Einsatzleitdienste, arbeitete in der Abteilung Vorbeugender Brandschutz und leitete die Abteilung Technik.

1990 wechselte Dohmen die Beamtenlaufbahn und stieg in den höheren Dienst auf. Wie rasant sich dadurch sein Arbeitsleben verändern würde, deutete sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht an. Keine zwei Monate, nachdem er die Laufbahnprüfung bestanden hatte, wurde er mit 37 Jahren Leiter der Krefelder Feuerwehr. Der damalige Chef war wegen seines Führungsstils nicht mehr haltbar und wurde aus dem Amt entfernt. Dohmen wurde die Stelle angeboten: „Da konnte ich nicht lange überlegen. Wenn man das nicht macht, bietet sich eine solche Chance kein zweites Mal.“

Dohmen ergriff sie. Würde er es aus heutiger Sicht wieder machen? Der 59-Jährige lehnt sich zurück und überlegt einige Sekunden. „Ich glaube schon“, sagt er erst zögerlich. Dann überzeugt: „Doch, würde ich.“ Um mit Blick auf das Amt des Feuerwehrchefs gleich nachzusetzen: „Das ist keine einfache Tätigkeit.“ Keine, für die er als Techniker und Feuerwehrmann angetreten war. Haushalt, Verwaltung, Personalführung standen nun im Vordergrund. Als Fachbereichsleiter ist der Leitende Branddirektor Chef von 240 Beschäftigten. Bei Einsätzen sieht man ihn höchst selten. Da muss es sich schon um Kaliber wie Roeren oder Compo handeln.

Auch in seiner Zeit als Einsatzleiter im gehobenen Dienst gab es Großbrände, an die er sich noch lebhaft erinnert. Etwa die beiden bei der TAG — Dimensionen, die heute selten geworden sind. Was ihm aus dieser Zeit ebenfalls noch lebhaft in Erinnerung ist, sind Situationen, mit denen man im Beruf zwangsläufig in Berührung kommt, nämlich mit Not und Elend. „Es brennt nicht so häufig in Villen“, meint Josef Dohmen vielsagend. Manches sei ihm sehr nahe gegangen: Etwa wenn ein Brand die Existenz von Menschen vernichtet, die vorher schon nichts hatten. „Das fand ich schon immer sehr belastend.“

Josef Dohmen, scheidender Feuerwehr-Chef

Einsätze mit Toten wiederum blieben ihm nicht als Belastung im Kopf. Auch nicht der, als ein Säugling bei einem Wohnungsbrand nur tot geborgen werden konnte. „Aber als am nächsten Tag die Mutter in der Leitstelle stand und von mir wissen wollte, ob ihr Kind leiden musste, da hat mich das sehr mitgenommen. Damit konnte ich nicht umgehen“, sagt Dohmen.

Für ihn ist wichtig, dass seine Mitarbeiter die Belastung nicht mit nach Hause nehmen. Darüber reden helfe, und seit einigen Jahres gebe es hierfür auch professionelle Unterstützung. So wie auch die Notfallseelsorge für Betroffene ein Meilenstein sei, so der Feuerwehrchef. Er erlebte auch eine deutliche Verbesserung der Ausstattung: „Beim Brand des Tankschiffs Stolt Rotterdam 2001 waren wir überfordert. Wir mussten vieles von außerhalb anfordern.“ Der Einsatz war ein Wendepunkt. Mittlerweile sieht Dohmen seine Berufsfeuerwehr vergleichbar aufgestellt wie die in der Umgebung.

Er hat sich in seiner Amtszeit immer wieder auch mit dem Thema neue Hauptfeuerwache beschäftigt, denn die Unterbringung an der Florastraße ist katastrophal. Es werde gegen etliche Vorschriften verstoßen. Die Florastraße selbst, Großmarkt und Voltaplatz waren diskutierte Stellen. Den für nächstes Jahr geplanten Einzug in den Neubau an der Neuen Ritterstraße wird er selbst nicht mehr aktiv begleiten. Der offiziellen Inbetriebnahme möchte er aber beiwohnen.

Im Ruhestand wird Dohmen der Bau durch seine Tätigkeit in der Projektgruppe freilich noch einige Zeit begleiten. Ansonsten möchte der Vater dreier Söhne mit seiner Frau verreisen. Und sich mit der noch unaufgearbeiteten Historie der 1890 gegründeten Krefelder Feuerwehr befassen. Im Stadtarchiv lagern viele Akten, die er sichten will. Nach einigen Jahren am Westwall war die Wehr bereits 1908 in die Wache Florastraße gezogen. Sie galt damals als großzügig — heute ist sie eine Last. Dohmen: „Wenn ich bei Starkregen zur Wache komme und sehe, dass die Kollegen erst mal den Keller auspumpen müssen, um unsere Technik zu schützen, dann steht mir der Schweiß auf der Stirn. Man stelle sich vor, hier würde alles ausfallen . . .“ Das ist zum Glück bald Geschichte.