Turnier bei TakeTV Counterstrike-Profis auf Socken
Beim Turnier für Gamer geht es um 40 000 Dollar. Millionen verfolgen das im Netz. Vor Ort herrscht trotzdem Wohnzimmeratmosphäre.
Krefeld. Antoine Pirard aus Belgien weiß, wie man mit einem Scharfschützengewehr umgeht - zumindest in Pixelwelten. Der 20-Jährige ist Profi-Gamer. Mit seinen vier Teamkameraden aus Frankreich ist er nach Krefeld gereist, um sich im Computerspiel „Counter-Strike: Global Offensive“ mit Mannschaften aus Polen, Bulgarien oder Deutschland zu messen. Dafür trainieren die jungen Männer fünf Tage in der Woche. „Wir haben alle unser Studium unterbrochen, um Profis zu werden“, sagt Antoine Pirard.
Sie machen ihr Hobby zum Beruf und leben von Sponsoren- und Preisgeldern. Um Letztere geht es bei Turnieren in Europa oder Amerika. In den TakeTV-Studios an der Alten Linner Straße geht es bis Sonntag um 40 000 Dollar. Die erste Begegnung startet am Donnerstagnachmittag und Fans auf der ganzen Welt können das Match im Internet per Livestream verfolgen. Ein Team verteidigt, ein Team greift an.
Granaten fliegen über die Bildschirme, Kalaschnikow-Salven werden abgefeuert, Messer sind im Anschlag und Blut spritzt. Counterstrike ist einer der berüchtigten Ego-Shooter, die 2002 nach einem Amoklauf an einer Erfurter Schule als „Killer-Spiele“ im Fokus der Öffentlichkeit standen.
Bei den Profispielern steht die Taktik im Vordergrund. Während ihre Hände über Maus und Tastatur fliegen, bewegen sie sich im Spiel in der Egoperspektive blitzschnell über die virtuelle Karte, spähen vorsichtig um Häuserecken, um Gegner ausfindig zu machen und verständigen sich ständig über Headsets, um das weitere Vorgehen abzusprechen. „Jeder in unserem Team hat eine bestimmte Rolle. Die Herausforderung ist, dass alle im Team zusammenarbeiten“, erklärt Profi-Zocker Antoine Pirard.
Das fasziniert auch Fabian Tomischka, der das Spielgeschehen kommentiert. „Uns interessiert es nicht, ob es ein Kopfschuss ist“, sagt er und: „Bei Counterstrike geht es vor allem um die Taktik und das Zusammenspiel im Team. Das würde auch mit kunterbunten Knuddelfiguren funktionieren“, sagt der 20-Jährige, der aus Wiesbaden gekommen ist, um die Partien, die zwischen 40 und 60 Minuten dauern, im Netz für das deutschsprachige Publikum zu kommentieren.
Heißt: „Ich moderiere und analysiere das Spielgeschehen, wie bei einer Fußballübertragung.“ Für Laien ist das unter Umständen schwer zu verstehen: „pusht über A lang“, ist beispielsweise eine Ansage aus dem Counterstrike-Fachjargon.
Während das Turniergeschehen Fahrt aufnimmt, sitzt Dennis Gehlen entspannt auf einem Hocker an der hauseigenen Bar und schaut sich die ersten Begegnungen auf einem der zahlreichen Bildschirme an. Der 29-Jährige ist Gründer und Chef von TakeTV und wirkt dafür, dass gerade ein Event startet, welches bei der letzten Auflage im Netz satte 2,5 Millionen Zuschauer verfolgt haben, erstaunlich gelassen.
„Es gibt zwar immer Kleinigkeiten, die mich stören, aber im Prinzip läuft alles von alleine“, sagt Gehlen. Das liege an seinem Team, das seit fünf Jahren stetig wachse. „Früher hat bei uns jeder alles gemacht, jetzt arbeiten wir strukturierter“, sagt der 29-Jährige. Mittlerweile arbeiten 15 Vollzeitkräfte vom IT-Spezialisten bis zum Kaufmann und zwei Auszubildende für Bild und Ton bei TakeTV.
Neben verschiedenen Computerspiel-Turnieren und hauseigenen Streamingformaten werden Gehlen und sein Team auch immer öfter für externe Veranstaltungen gebucht. „Wir haben das Know-how und wissen, wie man in der Gamingbranche Geld verdienen kann.“ Das klingt sehr geschäftsmännisch, ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn wichtig ist auch: „Wir machen immer noch das, was uns Spaß macht.“
Das ist vor allem Wettkämpfe mit Profi-Gamern zu veranstalten. Sie im Internet in Szene zu setzen und in den TakeTV-Studios eine Art Wohnzimmeratmosphäre zu schaffen. Das fängt damit an, dass der Eintritt nur auf Socken möglich ist und hört damit auf, dass die Stars der Szene mit ihren Fans auf ein Getränk an der Bar sitzen.