Denkmaltag: Führungen durch das ehemalige Landesjugendheim Fichtenhain

25 Jahre hat Sabine Kaul in der Einrichtung als Psychologin gearbeitet. Sie führte durch die Anlage.

Krefeld. Eine kompetentere Führerin durch das ehemalige Rheinische Landesjugendheim Fichtenhain hätte man nicht finden können: 25 Jahre lang leitete die Psychologin Sabine Kaul diese Einrichtung. Vieles aus ihren Dienstjahren, aber auch aus den Erzählungen einstiger Kollegen, die schon länger am Fichtenhain arbeiteten, lässt sie in ihren Rundgang zum Tag des offenen — und „unbequemen“ — Denkmals einfließen. Praktisches zum Alltag, etwas Zeitgeschichte und der Wandel der pädagogischen Konzepte, der schnell zu Diskussionen in der Besuchergruppe führt, erfahren die fünfzehn Besucher ihrer ersten Runde durch den Fichtenhain.

Als sie 1988 hier begann, beschloss der Landschaftsverband Rheinland, die Heimbewohner dezentral in sieben Außenwohngruppen in Krefeld, Tönisvorst, Kempen, Anrath und Neersen unterzubringen. 1991 hatten die meisten der rund 200 Jugendlichen ihr neues Zuhause nach dem neuen pädagogischen Konzept gefunden. Nur noch eine Gruppe, die Werkstätten, die Schule und die Verwaltung sollten schließlich am Fichtenhain bleiben. „Damals 1906, als die Provinzial-Fürsorgeerziehungsanstalt eröffnet wurde, war es normal, dass Jugendhilfeeinrichtungen auf der grünen Wiese entstanden“, erklärt Kaul. „Das war ein autarkes Stadtviertelchen mit einer eigenen Wasserpumpstation, eigenem Maschinenhaus.“ 55 Hektar Umland gehörten dazu.

Die Zentralküche für die Bewohner des Fichtenhains mwurde weitgehend mit den Lebensmitteln versorgt, die der dazu gehörende Gutshof an der Ecke Anrather Straße / Oberschlesienstraße produzierte. Einen kleinen Laden gab es ebenfalls. Bis 1995 wohnte die Leiterin auf dem Gelände des Jugendheims. „Ich fand das total schön. Ein idyllisches Plätzchen und eine schöne Gemeinschaft!“ Im Mittelpunkt der Siedlung rund um den zentralen Hain standen wie im Leben der Jugendlichen die Werkstätten. Hier erhielten die jungen Männer eine handwerkliche Ausbildung und eine schulische ebenfalls — beides soweit es ihren Fähigkeiten entsprach.

Betrachtet man die inzwischen besenreinen leeren Werkstatthallen, wie die ehemalige Schlosserei oder Schreinerei, schaut sich die noch aus der Gründungszeit stammenden Fenster an, kann man nachvollziehen, dass diese historische Bausubstanz nicht zu den schönsten Denkmälern gehört.

Das Motto des Denkmaltags „Jenseits des Guten und Schönen: Unbequeme Denkmale?“ erfüllt das Ensemble rund um den Hain ebenso — trotz der teils schön anzusehenden Fassaden. Aber auch seine Vergangenheit vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, sein Status als Denkmal preußischer Fürsorgeerziehung, kann es zu einem unbequemen „Zeitzeugen“ machen.