Die Arche Noah für Findlinge

Seit 40 Jahren gibt es das Tierheim am Flünnertzdyk. Dietmar Beckmann erinnert sich an die Anfänge.

Krefeld. Mit Zahlen hat er’s nicht so. Eher mit allem, was kreucht und fleucht. Doch bei besonderen Gelegenheiten macht Dietmar Beckmann schon mal eine Ausnahme. Seit vielen Wochen sammelt der 69-jährige Sprecher des Tierschutzvereins nun Zahlen, Daten und Geschichten. Denn sein "Lebenswerk", das Tierheim, feiert 40-jähriges Bestehen.

Und so gut vorbereitet holt er nun ganz schön aus. "Den Verein gibt es schon seit 1877", erzählt er, während er über dicken Fotoalben und vergilbten Zeitungssausschnitten brütet. "Doch wirklichen Schutz gab es lange Zeit nicht - und vor allem kein geeignetes Haus für die Tiere."

Deshalb gründete sich der Verein 1966 unter dem Namen "Tierschutzverein Krefeld und Umgebung von 1877 e.V." neu. Dietmar Beckmann kam 1968 dazu. Das wichtigste Ziel war nun, ein Heim für die Tiere zu finden. Nach einigen Monaten hatten die Vereinsmitglieder endlich Erfolg - sie pachteten einen alten Bauernhof am Flünnertzdyk, wo das Tierheim bis heute steht.

Jetzt ging die Arbeit richtig los. "Ich habe ab sechs Uhr morgens Milch ausgefahren und ab mittags auf der Baustelle gestanden", erinnert sich Dietmar Beckmann. "Zusammen mit ein paar Feuerwehrleuten und immer unterstützt von meiner Frau." Die Bewohner ließen nicht lange auf sich warten. "Unseren ersten Hund haben wir am Betonmischer angebunden", sagt Beckmann. Er kam noch bevor der Tierheimleiter seinen neuen Posten offiziell innehatte.

Doch offiziell wurde es dann schnell: Am 5. Oktober 1969 weihte Oberbürgermeister Hans-Heinz Hauser das Gebäude ein. Als wahren Eröffnungstag betrachtet der Tierschutzverein jedoch bis heute den 4. Oktober, den Welttierschutztag.

Spätestens als alle Krefelder von der neuen Einrichtung wussten, konnten sich die Beckmanns vor Tieren kaum mehr retten. "In den ersten sieben Jahren hatten wir schon etwa 3500 Hunde und 6000 Katzen", erzählt er. "Für die Leute waren die Katzen damals Ungeziefer. Sie misshandelten die Tiere oder setzen sie aus." An manchen Tagen kamen 200 auf einmal zum Flünnertzdyk. Doch erste Weitervermittlungen gab es erst bei Hunden. Die Hälfte der Katzen musste eingeschläfert werden.

Gleichzeitig startete das Tierheim eine ganz eigene Kampagne. "Wir haben in Schulen und Hauswirtschaftkursen erklärt, dass auch Katzen Lebewesen sind. Wir haben die Tiere von der Straße aufgesammelt, kastriert und wieder freigelassen." In den 80er Jahren ließ die Plage nach - und Katzen galten erstmals als Haustiere. Trotz deutlich besserer Vermittlung war es im Tierheim mittlerweile einfach zu voll geworden.

Zwischen 1979 und 1985 baute der Verein zum ersten Mal an. Die Gehege für Hunde und Katzen wurden erweitert und es entstand zum ersten Mal eine Kleintierstube. Seit 1991 gibt es die Aufnahmestation.

Weitere Ausbauten folgten ständig - ein neuer Höhepunkt sind die aktuellen Baumaßnahmen. Seit Juli baut der Tierschutzverein auf dem Dach des Heims - und wieder für die Katzen. "In diese Tiere haben wir wohl immer am meisten Geld und Arbeit gesteckt", sagt Beckmann. "Aber es hat sich gelohnt."

Momentan leben etwa 50 Katzen, 25 Hunde und sieben Kleintiere im Heim, Zahlen, die sich jeden Tag ändern. Ab Dezember, so hofft Beckmann, können die ersten Katzen in die neuen großen Stuben auf dem Dach einziehen. "Das neue Dachgeschoss ist so etwas wie die Krönung meines Lebenswerk", sagt er schmunzelnd. Zwar hat er vor zwei Jahren die Tierheimleitung an Frank Schankat abgegeben. "Aber eigentlich hat sich für mich kaum etwas geändert. Ich bin ja immer noch den ganzen Tag hier."

Und zwar trotz aller Rückschläge, etwa dass das Spendenaufkommen im letzten Jahr stark zurückgegangen ist, was auch dem Neubau Probleme bereitet. Überzeugung und Ziel bleiben.