Die Puppe stirbt in ihrem seidigen Kleid
Vom Kokon bis zum edlen Faden - Weber Günter Oehms erklärt die Herstellung.
Krefeld. Cocooning ist vor ein paar Jahren auf der größten Möbelmesse der Welt zum Begriff geworden. In trendigem Neudeutsch wollte man in Köln Wohngefühl beschreiben: Eingehüllt in einen Kokon.
Was es nun aber wirklich auf sich hat mit der Metapher aus der Tierwelt, veranschaulichte am Sonntag im Haus der Seidenkultur ein Weber im Ruhestand, Günter Oehms. Dazu hat er eine ganze Handvoll der kleinen weißlichen Gebilde in warmes Wasser gelegt. "Dadurch löst sich der Leim", erklärte er.
Mit einer Bürste geht er anschließend über die Kokons, bis er mehrere Fäden in der Hand hält. Die werden dann gehaspelt, zusammen auf ein hölzernes Rad gedreht. Beim Zusehen wird einem plötzlich auch klar, woher das Wort ’verhaspeln’ kommt: Da laufen die Fäden/Wörter/Gedanken nicht mehr klar in eine Richtung. Günter Oehms verhaspelt sich nicht und erzählt den Zuschauern noch ein bisschen mehr über die Seidenraupe.
"Metamorphose heißt diese Verwandlung. Aus der Larve wird eine Puppe mit zwei Drüsen am Kopf. Aus ihnen kommt der Seidenfaden, mit dem die Puppe sich einspinnt. Dann verpuppt sie sich, wird zum Schmetterling. Aus einer weiteren Drüse sondert sie ein Sekret ab, das den Kokon auflöst."
Bis zu diesem Stadium gelangt eine Raupe in der Seidenraupenzucht nicht. Sie wird als Puppe abgetötet, damit der Züchter den begehrten unendlichen Faden bekommt. Ein Kokon, leicht wie eine leere Eierschale, kann bis zu 4000 Meter Seidenfaden ergeben.
"Ich nehme aber nur das mittlere Stück", sagt Oehms, "denn dann glänzt die Seide am schönsten." Er hat lange als Weber gearbeitet und weiß eine Menge aus der Geschichte der Seidenstadt zu erzählen.
Das Haus der Seidenkultur öffnet jeden ersten und dritten Sonntagnachmittag, die Ehrenamtlichen kommen alle aus der textilen Zunft, haben viel zu erzählen und führen auch vor, wie ein Webstuhl funktioniert.