Dr. Eva Pavel - die Ärztin aus der Notschlafstelle

Zahnweh, aber nicht versichert? Dr. Pavel behandelt Drogenabhängige kostenlos.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Mund auf, Zahn raus — die meisten Patienten begegnen ihrem Zahnarzt eher selten mit grenzenloser Dankbarkeit. Bei Dr. Eva Pavel ist das anders: Die Zahnärztin behandelt Obdachlose in der Notschlafstelle der Caritas.

Seit diesem Jahr gibt es das Angebot „Denti-vor-Ort“ ergänzend zum Medi-Mobil. Zwei Mal monatlich besucht Eva Pavel die Einrichtung an der Melanchthonstraße und behandelt die Bedürftigen kostenlos. Die Initiative kam von der Zahnärztin selbst: „Ich habe vom Medi-Mobil in einer Fachzeitschrift gelesen und war sofort begeistert. Mir geht’s so gut, da möchte ich was von abgeben“, erzählt Pavel. Die Idee, als Zahnärztin im Medi-Mobil mitzufahren, wurde aber schnell verworfen: „Mit den ganzen Instrumenten ist das überhaupt nicht realisierbar.“

Den Anstoß gab dan der Umzug ihrer Praxis nach Uerdingen. „Viele Sachen waren doppelt da, die konnte ich spenden“, erinnert sich die Ärztin. Durch weitere Spenden des Uerdinger Krankenhauses und des Nordwest Dentaldepots (NWD) entstand in einem alten Sanitärraum der Notschlafstelle ein komplett eingerichtetes Behandlungszimmer. Bohrer und Bürstchen stecken sauber aufgereiht am Zahnarztstuhl. Watterollen liegen für die nächste Behandlung bereit.

Die Notschlafstelle nimmt nachts obdachlose Drogenkonsumenten auf. Wer Zahnschmerzen hat, kann sich für die abendlichen Termine vorher anmelden. Den eigenen Namen muss man nicht unbedingt angeben. „Die Patienten können mir sagen, dass sie Micky Maus heißen und das ist in Ordnung. Das soll keine Hemmschwelle sein.“ Grundsätzlich gilt: Wer kommt, der kommt. Bei Bedarf bleibt die Ärztin auch länger.

Eva Pavel leistet eine zahnärztliche Akut- und Notfallversorgung. Oft müssen Zähne gezogen werden. In der Notschlafstelle ängstigt das keinen: „Ein Patient hat mir mal gesagt, mit Spritzen hätten sie alle kein Problem.“ Etwa die Hälfte der Patienten brauche aber zunächst nur eine Beratung. „Ich leiste viel Aufklärungsarbeit, zum Beispiel, dass für Zahnersatz auch eine Befreiung beantragt werden kann. Die weitere Organisation übernehmen dann die Streetworker.“

Eva Pavel will ihren Patienten die Angst nehmen. „Viele haben Hepatitis und trauen sich nicht, in normale Praxen zu gehen, weil sie glauben, dass sie da nicht behandelt werden.“ Torsten Gärtner, Leiter der Notschlafstelle, erklärt ein weiteres Problem: „In die Tagesstruktur der Klienten passt ein Zahnarztbesuch meist nicht rein.“

Thorsten Gärtner wartet mit den Patienten vor der Behandlung: „Es sind viele Angstpatienten dabei, aber bisher läuft das superglatt. Frau Pavel hat Empathie und macht klare Ansagen. Die Patienten kommen immer sehr erleichtert heraus.“

Die Zahnärztin ist mit dem Angebot zufrieden: „Die Patienten sind sehr lieb, nett, offen und dankbar. Am Anfang hatte ich eine starke Geruchsbelästigung befürchtet, aber bis jetzt habe ich damit noch gar keine negativen Erfahrungen gemacht.“

Mehr als zwei Mal im Monat kann Eva Pavel nicht kommen. Die Zahnärztin appelliert an ihre Kollegen: „Mit weiteren Mitstreitern könnte man das wöchentlich anbieten. Das schaffe ich so nicht alleine. Da dürfen gerne noch Kollegen mitmachen.“