Ein Franke spielt die erste Geige
Philipp Wenger ist der neue Konzertmeister der Sinfoniker. Sein ganzes Leben kreist um die Musik.
Krefeld. Man sieht es nicht, aber irgendwie kann man es sich vorstellen: Um Philipp Wenger herum bewegen sich lauter Noten, schweben durch seinen Kopf, erfüllen sein Wesen. Der 29-Jährige spielt seit Mitte Oktober die erste Geige im Sinfonieorchester der Vereinigten Städtischen Bühnen.
Die erste unter den zwölf Geigen zu sein, bedeutet: Philipp Wenger ist Konzertmeister. Er sieht sich in dieser Position als Mittler zwischen Dirigent und Musikern: "Ich bin eine Art Übersetzer", sagt er mit süddeutschem Tonfall. Wenn man genau hinhört, tönt das Fränkische heraus, die Sprache seiner Kindheit.
Wenger kam 1980 in Würzburg zur Welt, hat zwei ältere Brüder. Als kleiner Junge begann er mit dem Flötenunterricht und strapazierte die Geduld seiner Lehrerin in hohem Maße: "Ich habe immer nur nachgespielt, was sie vorgespielt hat - auf Noten hatte ich keine Lust!"
Also verordnete die Lehrerin dem Knaben das Violinenspiel. Und seitdem hat nichts Anderes mehr im Kopf und in den schmalen, feinen Fingern. "Ich habe mich mit meiner Geige gegen die Schule verbündet", sagt er, und wieder sieht man die Musik um ihn herum. "Jede Minute, die mir bleibt, verbringe ich mit Üben. In meinem Leben haben andere Dinge nicht so viel Platz."
Was allerdings nicht heißt, dass er über Politik, das Musikleben in der Republik oder Kulturpolitik in der Region nicht informiert sei. Er arbeitet mit Generalmusikdirektor Graham Jackson und dem Orchester sehr gerne zusammen: "Wir haben alle viel Freude beim Spielen", erzählt er. "Hier herrscht ein respektvolles Miteinander, das habe ich früher nicht so erlebt."
Philipp Wenger hat in Würzburg, Berlin und Leipzig studiert, war Konzertmeister in Nürnberg, hat in Skandinavien gearbeitet, in Japan und China gastiert. Mit seiner Geige hat er schon viel von der Welt gesehen, bekam auch einige Preise und Stipendien. Aber davon spricht er nur am Rande, angeben liegt ihm gar nicht.
Eine große Versicherung hatte ihm jahrelang eine kostbare Geige zur Verfügung gestellt: "Als ich 18 war, durfte ich nach London fliegen, um mir ein Instrument zu ersteigern", erzählt er und wundert sich immer noch ein bisschen über den Zirkus, der damals veranstaltet wurde. Aber es ging schließlich um eine erhebliche Summe - die Niccolo Gagliano kostete damals 300 000 Mark.
Inzwischen besitzt Wenger ein eigenes Instrument, mit dem er hier für den Posten den Konzertmeisters vorgespielt hat. Noch ist er in der Probezeit, spielt in Opern, Operetten und Konzerten und findet vor allem eines wichtig: "Man muss wollen!" Diesen Willen hat er selbst und empfindet ihn auch bei seinen Kollegen: "Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht", sagt Wenger. Und zwar sehr erfolgreich.