Ein Knochen als Ersatzteil
Mohammad hatte ein Scheingelenk und konnte ohne Krücken nicht laufen. Eine Operation im Helios-Klinikum half.
Krefeld. Mohammad kann sich nur an ein Leben auf Krücken erinnern: Durch eine Knochenentzündung in seinem rechten Schienbein kam es zu einem nicht abheilenden Bruch, ein sogenanntes Scheingelenk hatte sich ausgebildet. Der Sechsjährige hatte ständige Schmerzen und konnte mit dem Bein nicht auftreten, als würde es sofort wegknicken.
Dr. Károly Ungor, Kinderchirurg am Helios-Klinikum Krefeld, operierte den afghanischen Jungen, der über die Kinderhilfsorganisation Friedensdorf International nach Deutschland gekommen war.
Doch würde Mohammad überhaupt operiert werden können? Um diese zentrale Frage zu beantworten, klärte das Krefelder Kinderchirurgen Team um Károly Ungor und Dr. Karin Lawrenz zunächst, ob das Bein noch akut entzündet war. Nach zwei Biopsien mit negativem Befund konnte der Eingriff schließlich erfolgen.
„Normalerweise wird Fremdknochen, synthetisches Knochenmaterial oder Metall an der defekten Stelle eingesetzt. Das jedoch wird vom Körper häufig nicht gut akzeptiert“, erklärt Karin Lawrenz.
Entsprechend verfolgten die Chefärzte der Krefelder Kinderchirurgie einen anderen Plan: Sie entnahmen Mohammad ein Stück des Wadenbeinknochens seines gesunden Beins und setzten es an der Stelle des gebrochenen Schienbeins ein. Denn bei Kindern wächst der Wadenbeinknochen schnell und unkompliziert nach.
Bei einer dreistündigen Operation wurde das gebrochene rechte Schienbeinknochensegment entfernt und durch ein acht Zentimeter langes Stück aus dem linken Wadenbein ersetzt. Die Übergänge stützt nun ein 22 Zentimeter langer Nagel.
Über die Röntgenbilder der letzten Nachuntersuchung freut sich das ganze Team: Im gesunden linken Bein ist fast das gesamte entnommene Knochenmaterial vom Wadenbein wieder aufgebaut. Mohammads Knochenregeneration ist ideal verlaufen: Bereits sechs Wochen nach dem Eingriff waren schon 50 Prozent des Knochens nachgewachsen.
Auch das vormals gebrochene, kranke Schienbein ist in den vergangenen Monaten gut verheilt. Das Knochensegment ist optimal eingewachsen und auf den Kontrollbildern nicht mehr zu erkennen. „Mohammad hat uns von Anfang an vertraut. Ohne alles genau zu verstehen, wusste er, dass wir ihm helfen können“, sagt Karin Lawrenz.
Heute läuft der Junge aus Afghanistan auch ohne Gipsverband immer sicherer. Seit Mitte Februar ist Mohammad nach dem Aufenthalt im Friedensdorf in Oberhausen wieder in seiner Heimat und wird hier bald mit anderen Kindern Fußball spielen und auf Bäume klettern können. So wurde mit diesem Eingriff viel mehr geheilt als nur ein Knochen. Mohammad freut sich auf jeden Fall schon auf sein erstes Fußballspiel.