Frostbeulen am großen Zeh: Fehlanzeige

Der Winter ist die Zeit der kalten Füße. Nicht jedoch in Krefeld, wie ein Gang durch die verschneite Innenstadt ergibt.

Krefeld. Die Ampel am Ostwall schaltet auf Grün, Menschentrauben beiderseits der Straße setzen sich gleichzeitig in Bewegung. Durch Matsch, über gefrorene Bürgersteige und inmitten des stetigen Schneefalls bahnen sich Menschen ihren Weg. Eingehüllt in dicke Jacken, bunte Mützen und lange Schals. Doch insbesondere die Schuhe scheinen bei Winterwetter die entscheidenden Kleidungsstücke zu sein, will man Frostbeulen und Nässe rund um den großen Zeh vermeiden. Und sind nicht gerade Füße die Teile des Körpers, die viele Menschen häufig mit einem hohen Maß an Kälteempfinden verbinden?

Ein Paar Schuhe an der Ostwall-Ampel sticht deutlich aus der Masse hervor. Es gehört zu Thomas Herz. S2-Sicherheitsschuhe, also mit Stahlkappe und -sohle. Darin ist der 41-Jährige jeden Tag mindestens acht Stunden lang im Auftrag der Stadt unterwegs. Bei jedem Wetter. Von einer Hülle aus Stahl umschlossene Füße dürften doch kaum wärmer sein als die Außentemperatur, so die naheliegende Annahme.

Doch Thomas Herz winkt ab: "Die Kälte macht mir überhaupt nichts aus", sagt er und deutet auf sein abgenutztes Schuhwerk. "Da stecke ich ja mit dicken Socken und Extra-Einlagen drin." Fast liebevoll spricht Herz von seinen "Tretern", mit denen er täglich im gesamten Stadtgebiet defekte Parkschein-Automaten aufsucht, um sie zu reparieren. Die ständige Bewegung lasse kalte Füße gar nicht erst zu, sagt der gut gelaunte Mann, grüßt und stapft in großen Schritten durch die dünne Schneedecke davon.

Auf dem Weihnachtsmarkt stehen die Verkäufer mit roten Gesichtern in ihren Ständen. Einige helfen sich mit kleinen Öfen, viele treten von einem Fuß auf den anderen. Für Marlis Schwermer trifft es sich da nicht schlecht, dass sie ausgerechnet in einem Stand für dicke Socken, weiche Puschen und flauschige Decken aus Wolle arbeitet.

Dick eingepackt steht sie die kompletten fünf Markt-Wochen von 11 bis 18 Uhr in der kleinen Holzbude. Auf die Frage nach dem Kälte-Status ihrer Füße lacht die 64-Jährige nur herzlich und zeigt ihre mehrlagig wollig umhüllten Exemplare Fuß. Mitleid mit den Anbietern weniger wärmender Waren hat sie ebenfalls wenig: "Die könnten ja alle bei mir etwas kaufen."

Mitleiderregend erscheinen dagegen die zitternden Körper der Hundedamen Kimba und Flecki. Der Labrador und der Zwergspitz warten auf Frauchen Daniela Haffmans und frieren trotz der Hundejacken, die sie tragen. "Aber ganz sicher nicht an den Füßen", versichert die Besitzerin. Sie erklärt, dass dort neben der Zunge die einzige Stelle sei, über die Hunde schwitzen. Es gäbe zwar auch Hundeschuhe, aber die zu kaufen hält sie für übertrieben. Ihre eigenen Füße hat Haffmanns in wasserfeste Wanderstiefel gehüllt - von kalten Füßen auch hier keine Spur.

Dass ganz Krefeld vorbildliches Winter-Schuhwerk trägt, will man fast meinen, als plötzlich eine Frau in gelben Klocks aus Gummi über die Schneedecke rutscht. Zwar erkennt man dicke, gehäkelte Socken durch die großzügigen Löcher in diesem Sandalen-Modell. Zu glauben, dass ihre Trägerin sich so im Schnee wohl fühlen könnte, fällt jedoch schwer.

Etwas verlegen hält diese ihr Schuhwerk in die Höhe und stellt sich als Sabine Wink vor. Sie ist sich der fragenden Blicke zu ihren Füßen bewusst und weist daher schnell darauf hin, dass sie "ja eh nur ein kurzes Stück Weg" vor sich habe.

"Die dicken Socken reichen doch für ein paar Minuten", sagt die 42-jährige Trägerin. Viel weniger habe Wink dagegen bedacht, dass Gummi auf Schnee ganz schön rutschig sei. Ob das über Umwege nicht doch noch zu kalten Füßen führt, lässt sich im dichter werdenden Schneegestöber nicht deutlich erkennen.