Jugend Generation oberflächlich hat das Wort

Krefeld. Keine Generation ist jemals so oberflächlich gewesen wie die jetzige junge Generation. Das jedenfalls besagt eine kürzlich herausgegebene Studie des Kölner Rheingold-Instituts über die 14- bis 21-Jährigen in diesem Land.

"Vom Charakter weiß man nur aufgrund des Äußeren rein gar nichts", sagt Finn Eich, 17 Jahre.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Wie reagieren aber die damit Gemeinten, wenn man sie mit den Ergebnissen konfrontiert?

Um ein paar Antworten auf diese Fragen zu bekommen, haben wir uns mit einer zehnten Klasse des Gymnasiums am Moltkeplatz, Leistungskurs Sozialwissenschaften, getroffen.

Grundlage des Gesprächs war ein Artikel aus unserem überregionalen Mantelteil, der die Studie vorstellt, den die Schüler vorab gelesen haben. These eins ist die bereits erwähnte: Die junge Generation beschäftigt sich mehr denn je mit der eigenen Oberfläche. Etwa Wimperntusche sei für viele Mädchen etwa ein unverzichtbarer Begleiter.

„Ich habe da morgens keine Zeit für, ist mir auch nicht so wichtig“, erklärt die 16-jährige Pauline, die auch heute keine Mascara trägt. Jenny, 17 Jahre alt, sieht das etwas anders.

„In der Schule habe ich eigentlich immer Wimperntusche drauf. Nur beim Sport natürlich nicht, das finde ich sehr albern.“ Der 18-jährige Diego vermutet zu dem Vorwurf an die junge Generation: „Ich glaube ja eher, dass die Oberflächlichkeit ein gesamtgesellschaftliches Problem ist.

Ich meine, die Anti-Aging-Industrie freut sich doch über die besten Umsätze.“ Ist denn das Schminken an sich denn ein Zeichen für Oberflächlichkeit? „Das ist doch gar nicht möglich, nur anhand dessen auf einen oberflächlichen Charakter zu schließen“, sagt der 17-jährige Léon.

Und leitet damit zum nächsten Punkt in der Studie über: Laut der glaubten 60 Prozent der Befragten, man könne am Äußeren ablesen, um was für einen Menschen es sich handelt. Schnell fällt auf: Dieser Leistungskurs Sozialwissenschaften hat die Studie schnell begriffen und sich positioniert. „Also einem sozialen Milieu kann man Menschen aufgrund ihres Äußeren vielleicht schon zuordnen“, vermutet wiederum Nils. „Aber trotzdem ist das nie ein Urteil, das man ernst nehmen kann“, fügt Diego an.

„Oder hättest du mir angesehen, dass ich Spanier bin?“ Tatsächlich lassen die roten Haare kaum darauf schließen. Einig sind sich die Schüler darin, dass das Aussehen den ersten Eindruck maßgeblich beeinflusst. „Aber vom Charakter weiß man dann immer noch nichts“, ist sich der 17-jährige Finn sicher.

Der nächste Punkt in der Studie zielt auf die Gründe ab: In gewisser Weise würden die Jugendlichen ihre Krisenängste einfach überschminken. „Auch auf gesellschaftlicher und familiärer Ebene erleben sie eine Art Kontrollverlust.

Hineingeboren in eine krisenhafte Zeit, die ihnen wenig Halt gibt“, so die Kölner Psycologen. Die Kontrolle über das eigene Äußere würde da helfen. Das können die Schüler des Moltke-Gymnasiums gar nicht nachfühlen. „Ich finde das, ehrlich gesagt, ein bisschen albern“, sagt Pauline. Und Jenny ergänzt: „Das Äußere zu pflegen ist gut für das eigene Gefühl, hilft aber sicher nicht dabei, Kontrolle über das eigene Leben zu bekommen.“ Für sehr oberflächlich halten die Schüler dafür soziale Netzwerke wie etwa Instagram, die vor inszenierter Selbstdarstellerei nur so strotzten.

„Deshalb habe ich überhaupt kein Instagram“, erklärt Robert, 17 Jahre. „Den Stress tu ich mir nicht an.“ „Klar lädt man auch bei Facebook nur Bilder hoch, die halbwegs vorteilhaft sind“, sagt ein weiterer Leon, der sich allerdings ohne Akzentzeichen schreibt. „Aber meine Freunde wissen, wie ich wirklich bin. Was soll ich mich verstellen.“ Nächster Punkt in der Studie: Für 52 Prozent der Jugendlichen seien Freundschaften wichtiger als Dates oder Liebesbeziehungen, da auch letztere einen gewissen Kontrollverlust bedeuteten.

„Ich finde zwar auch, dass Freundschaften wichtiger sind, aber nicht wegen Kontrolle, sondern weil Freundschaften einfach meistens länger halten“, so der 17-jährige Alexander. Lehrer Oliver Nimmerjahn ist ein bisschen stolz auf seine Schüler. „Die haben den Text in wenigen Minuten zerpflückt. Die Reflexionsfähigkeit ist da schon relativ hoch.“ Und das lässt doch, zumindest für diese Jugendlichen, sehr hoffen.